Lisa Eisenhut-Hug – «Schwierige Situationen sollen nicht verschlimmert werden.»
Familienrecht

Lisa Eisenhut-Hug erlangte im Jahr 2015, unter anderem nach einem ERASMUS-Semester in Paris, den Abschluss ihres Masterstudiums der Rechtswissenschaften an der Universität Basel. Im Rahmen der Vorbereitung für das im Jahr 2018 absolvierte Advokaturexamen im Kanton Basel-Stadt war sie neben einer mittelgrossen Kanzlei in der Region Basel an einem erstinstanzlichen Zivilgericht sowie in der basel-städtischen Verwaltung tätig. Seit Januar 2023 ist sie als Partnerin bei LAMOLEX Advokatur prozessierend und beratend im Familienrecht tätig und doktoriert an der Universität Basel.
Welche Verbindung haben Sie zum Familienrecht?
Ich bin seit über sechs Jahren Advokatin und überwiegend im Familienrecht beratend und prozessierend tätig. Dieser Fachbereich hat mich bereits im Studium fasziniert; während meiner Volontariaten in der Vorbereitung für die Anwaltsprüfung hat sich mein Interesse verfestigt. Mein vormaliger Arbeitgeber und heutiger Büropartner Prof. Dr. Jonas Schweighauser ist Vorbild und Inspiration zugleich. Er hat massgebend dazu beigetragen, dass ich meinen Beruf heute mit grosser Leidenschaft ausüben darf.
Was sind Ihre alltäglichen Herausforderungen?
Diese sind sicherlich, die Emotionen der Klientschaft aufzufangen und ernst zu nehmen und im Verfahren angemessen zu gewichten.
Gibt es Anekdoten aus Ihrer Tätigkeit?
Diverse, wobei diese nicht dafür bestimmt sind, weitererzählt zu werden. Eine schöne Anekdote ist auf jeden Fall, dass ich nach einem hochstrittigen Scheidungsverfahren eine Mandatsanfrage erhalten habe. Offenbar wurde ich von der Gegenpartei einem engen Freund weiterempfohlen.
Bis zum 31. Dezember 2024 waren Sie Teil der legalis brief-Redaktion für den Fachbereich Familienrecht. Welche Learnings konnten Sie aus dieser Tätigkeit für Ihren Berufsalltag mitnehmen?
In erster Linie, wie zeitintensiv die Redaktionsarbeit ist. Positiv ist, dass ich dank der Redaktionsarbeit das regelmässige Screening der neusten Rechtsprechung in meinen Arbeitsalltag integriert habe.
Wenn Sie die Möglichkeit hätten, etwas am Familienrecht ändern zu können, was wäre das?
Da vor allem in hochstrittigen Verfahren sehr viele Fachstellen und -personen beansprucht werden, würde ich mir eine bessere Koordination wünschen, damit die Kompetenzen klar verteilt sind und Verfahren mit der nötigen Effizienz durchgeführt werden können.
Welches wäre Ihr wichtigster Tipp in familienrechtlichen Verfahren?
Mein Tipp und gleichzeitig oberstes Credo im Verfahren ist, schwierige Situationen nicht zu verschlimmern. Wenn immer möglich, d.h. solange auch die Gegenpartei mitzieht, versuche ich, zu deeskalieren. Ebenfalls liegt mir viel daran, meine Mandantschaft realistisch zu beraten und auf ein Verfahren vorzubereiten.
Wie hat sich das Familienrecht in den vergangenen Jahren Ihrer Meinung nach verändert?
Mit Einzug der alternierenden Obhut ins Gesetz haben sich in meiner Wahrnehmung die Sachverhalte, in welchen Väter mehr Betreuungsarbeit übernehmen wollen, vervielfacht. Das ist im Grundsatz eine positive Entwicklung. Gleichzeitig beobachte ich, dass teilweise mit der falschen Motivation, nämlich weniger oder keinen Unterhalt mehr bezahlen zu müssen, versucht wird, bestehende und meist gut funktionierende Familiensysteme abzuändern…
Welches sind Ihrer Meinung nach die grössten Stärken und Schwächen im Schweizer Familienrecht?
Eine der Schwächen ist sicherlich, dass es je nach Sachverhalt schwierig ist, verlässliche Prognosen zu treffen. Ebenfalls besteht in diversen Teilbereichen des Familienrechts Revisionsbedarf und Notwendigkeit, das Gesetz der Lebensrealität anzupassen; dies ist wohl auch die grösste Herausforderung in den kommenden 10 Jahren. Eine Stärke ist die Niederschwelligkeit der Verfahren und ihre Prozessmaximen.
Nadine Grieder | legalis brief FamR 30.01.2025