Nicolas Gmünder – «Der Schutz des Eigentums wird durch den Gesetzgeber und die Politik beschnitten.»
Mietrecht
Nicolas Gmünder ist Gründungspartner und Mitglied der Geschäftsleitung der GMÜNDER & GAMMA AG, deren Dienstleistungspalette die Bereiche Investment-Beratung (Transaktionsmanagement), Bewertung, Asset- und Portfoliomanagement, Projektmanagement, Bewirtschaftung, Verkauf und Vermietung umfasst. Zuvor war er Teamleiter sowie Stv. Standortleiter Bewirtschaftung bei einem national tätigen Bewirtschaftungsunternehmen und Asset Manager bei einem renommierten Schweizer Immobilienfonds.
Wann sind Sie das erste Mal mit dem Mietrecht in Kontakt gekommen?
Das war in meiner Anfangszeit bei einem grossen Immobiliendienstleister im Jahr 2008. Damals war ich nach meiner kaufmännischen Lehre als Sachbearbeiter in der Immobilienbewirtschaftung tätig und hatte mit vielen Mietern zu tun, was sehr spannend und lehrreich war.
Was sind Ihre alltäglichen Herausforderungen?
Wir sind als unabhängige Transaktionsberater für Wohn- und Gewerbeliegenschaften in der gesamten Deutschschweiz tätig. Unsere Kunden sind meist institutionelle Investoren, Family Offices und private Immobiliengesellschaften, die Liegenschaften kaufen und verkaufen. In diesem Zusammenhang geht es auch immer wieder um mietrechtliche Themen – von der Verlängerung von Mietverträgen vor dem Verkauf einer Liegenschaft (Wertsteigerung durch langfristige und sichere Erträge) bis hin zu Streitfällen, die im Zusammenhang mit dem Verkauf offengelegt oder noch abgeschlossen werden müssen. Auch Sperrfristen bei Kündigungen sind ein relevantes Thema, denn für einen Käufer spielen sie im Hinblick auf allfällige Sanierungen oder Neubauprojekte eine grosse Rolle.
Gibt es Anekdoten aus Ihrer Tätigkeit im Bereich Mietrecht?
Wir erleben immer wieder Konflikte zwischen Mietern und Vermietern, die aufgrund des Verkaufs auftreten oder neu entflammen. Es liegt dann an uns, bei Besichtigungen die Wogen zu glätten und teilweise auch zwischen Eigentümer, Bewirtschafter und Mietern zu vermitteln. Mietrechtsfälle sind bei Transaktionen, wenn möglich, immer frühzeitig zu bereinigen, um Verkäufer und Käufer zu schützen.
Wenn Sie die Möglichkeit hätten, etwas am Mietrecht/Mietsystem ändern zu können, was wäre das?
Meines Erachtens ist die ganze Thematik mit «übersetzten» Mieten, die durch die linke Politik propagiert wird, unseriös. Vielmehr sind die Renditen auf den Liegenschaften heute bereits sehr tief. Auch dürfen künftig notwendige hohe Investitionen sowie die veränderte Zinssituation nicht vergessen werden. Zudem sind alle erwerbstätigen Personen über ihre Pensionskasse, die 3. Säule oder die AHV in der einen oder anderen Form an Immobilien von institutionellen Eigentümern beteiligt. Vor diesem Hintergrund ist es im Interesse der Versicherten, dass Renditen erzielt werden, um ihr eigenes gespartes Geld zu verzinsen. Aus diesen Gründen bin ich der Meinung, dass man diesbezüglich nicht zu stark in die freie Marktwirtschaft eingreifen sollte. Zu viele regulatorische Eingriffe führen dazu, dass die Investitionen in Neubauten oder Sanierungen ausbleiben und kein neuer Wohnraum entsteht.
Welches wäre Ihr wichtigster Tipp an die Vermieter, welches an die Mieter?
An die Vermieter: Pflegen Sie eine offene Kommunikation mit den Mietern. Viele Streitigkeiten entstehen durch fehlende oder falsche Kommunikation. Kommuniziert man dagegen offen, können Unstimmigkeiten bereits frühzeitig gelöst werden.
An die Mieter: Das Verständnis füreinander fehlt leider weitgehend. Mieter dürfen nicht vergessen, dass es auch dem Vermieter wichtig ist, dass sie langfristig bleiben und zufrieden sind.
Wie hat sich das Mietwesen in den vergangenen Jahren Ihrer Meinung nach verändert?
Es wurde alles komplexer – von den Gebäuden bis zu den rechtlichen Rahmenbedingungen. Wir benötigen heute mehr Unterstützung durch Experten, sei es durch Rechtsanwälte, Ingenieure oder andere Fachleute.
Welches sind Ihrer Meinung nach die grössten Stärken und Schwächen im Schweizer Mietwesen?
Die grösste Stärke im Mietwesen, der Schutz des Eigentums, ist zugleich die grösste Schwäche. Es ist meines Erachtens wichtig, dass der Schutz des Eigentums hochgehalten wird. Dennoch werden diese Rechte durch den Gesetzgeber und die Politik immer wieder beschnitten.
Welches ist Ihrer Meinung nach die grösste Herausforderung im Schweizer Mietwesen in den kommenden 10 Jahren?
Die zunehmende Regulierung durch Initiativen der Mieterverbände. Die Eigentumsrechte werden dadurch stark eingeschränkt. Sehen Sie die Kantone Basel-Stadt, Genf oder Waadt: Durch die starken Regulierungen werden dringend notwendige Investitionen nicht getätigt, und die Liegenschaften verkommen, da es für Vermieter keine Möglichkeiten gibt, die getätigten Investitionen wertvermehrend geltend zu machen. Dies hat zur Folge, dass die Liegenschaften schlecht unterhalten werden. Zudem wird nicht mehr investiert, was wiederum zu noch knapperem Wohnraum führt, und die Mietzinse steigen dennoch.
Christian Ruf | legalis brief MietR 04.12.2024