Ramona Neeser – «Oft erreicht man mit Freundlichkeit mehr.»
Liegenschaftsverwaltung, Mietrecht

Ramona Neeser ist seit über 13 Jahren in der Immobilienbranche tätig. Nach einer Ausbildung als Kauffrau «Dienstleistung & Administration», als Immobilien-Bewirtschafterin mit eidg. Fachausweis sowie 2018 zur diplomierten Immobilientreuhänderin macht sie im August 2023 ihren MAS in Real Estate Management (HWZ). Den Grossteil ihrer Karriere hat sie bei Apleona Real Estate AG durchlaufen mit Stationen als Sachbearbeiterin, Junior Property Managerin bis hin zum Senior Property Managerin und STV Geschäftsstellenleiterin (ausschliessliche Betreuung von Portfolios von institutionellen Investoren). Danach wechselte sie auf die Eigentümerseite und ist seit 2.5 Jahre bei Züblin Immobilien AG als Real Estate Asset Managerin beschäftigt.
Wann sind Sie das erste Mal mit dem Mietrecht in Kontakt gekommen?
Das war noch vor meiner beruflichen Laufbahn in der Immobilienbranche. Es ging damals um eine Wohnungskündigung aufgrund von Eigenbedarf im privaten Umfeld.
Was sind Ihre alltäglichen Herausforderungen?
Es ist nicht immer einfach die monetären Ziele, die Mieterzufriedenheit und die soziale Verantwortung im Gleichgewicht zu halten. Das ist und bleibt immer wieder eine Herausforderung, welcher ich mich aber gerne stelle.
Gibt es Anekdoten aus Ihrer Tätigkeit im Bereich Mietrecht?
Freundschaft schützt vor dem Mietrecht nicht – ich habe von einem Eigentümer einmal die Anweisung erhalten, eine Wohnung an einen seiner Freunde zu vergeben. Als dieser dann anschliessend den Anfangsmietzins angefochten hat und eine übersetzte Nettorendite geltend machen wollte, war es mit der Freundschaft vorbei.
Wenn Sie die Möglichkeit hätten, etwas am Mietrecht/Mietsystem ändern zu können, was wäre das?
Einige der Gesetze, welche grundsätzlich zum Schutz des Mieters bzw. der Mieterin bestehen, würde ich an gewisse Voraussetzungen knüpfen. Ich denke da beispielsweise an die Anfechtung des Anfangsmietzinses. Dieses Recht wird oft von Gutverdienern in Anspruch genommen, welche dann von einem günstigeren Mietzins profitieren, auf welchen sie überhaupt nicht angewiesen sind. Dieses Recht sollte Mietern und Mieterinnen mit geringem Einkommen vorbehalten sein.
Welches wäre Ihr wichtigster Tipp an Vermieterinnen und Vermieter, welches an Mieterinnen und Mieter?
Oft erreicht man mit Freundlichkeit und einer offenen Kommunikation mehr, anstelle aus Prinzip auf sein Recht zu bestehen. Dies sollten sich beide Parteien gleichermassen zu Herzen nehmen.
Wie hat sich das Mietwesen in den vergangenen Jahren Ihrer Meinung nach verändert?
In den Medien und auch auf politischer Ebene findet immer mehr ein Vermieter-Bashing statt. Diese Entwicklung empfinde ich als bedenklich, zumal hier vielen offensichtlich der Blick für das grosse Ganze fehlt. Die Beziehung zwischen Vermieterin und Mieter sollte partnerschaftlich sein und auf Augenhöhe stattfinden – leider verkommt es immer mehr zu «gut gegen böse».
Welches sind Ihrer Meinung nach die grössten Stärken und Schwächen im Schweizer Mietwesen?
Als Mieterin ist man in der Schweiz sehr gut geschützt, dies wiederum teilweise auch auf Kosten der Eigentümer. Recht haben und Recht bekommen ist nicht immer dasselbe.
Welches ist Ihrer Meinung nach die grösste Herausforderung im Schweizer Mietwesen in den kommenden 10 Jahren?
- Die Sicherstellung von günstigem Wohnraum für diejenigen, welche auch tatsächlich darauf angewiesen sind.
- Überangebot von Büro- und Gewerbemietflächen ausserhalb von innenstädtischen Lagen und die damit verbundenen Vermietungsschwierigkeiten
- Weitere behördliche Regulatorien in sämtlichen Bereichen (Bauwesen, Mietrecht, Nachhaltigkeit etc.)
Christian Ruf | legalis brief MietR 05.06.2023