In einem Strafverfahren, das sich am Grundsatz der Mittelbarkeit orientiert, kommen Einvernahmen im Vorverfahren eine grosse Bedeutung zu. Die beschuldigte Person, Zeugen, Auskunftspersonen und Mitbeschuldigte werden eingehend befragt, bevor eine Anklage ans Gericht ergeht. Selbst wenn das Gericht vor den Schranken Befragungen wiederholt, wird im Fall von Widersprüchen oft der Erstaussage im Vorverfahren den Vorzug gegeben – dies aufgrund der meist langen Zeitspanne zwischen Ereignis und Hauptverhandlung und damit verbundener Gedächtnislücken sowie möglicher Beeinflussungen seit der ersten Befragung. Der im Vorverfahren meist unmittelbar auf die letzte Frage des Untersuchungsbeamten folgende Satz «haben Sie Zusatzfragen?» setzt Verteidigerinnen und Verteidiger somit unweigerlich unter Druck. Keine Zusatzfragen zu stellen, wäre meist risikoloser – es ist aber auch keine Option, sich allenfalls  wichtige Zusatzfragen, die das Ergebnis der Befragung für den eigenen Mandanten positiv beeinflussen [...]