Grenzen der nachträglichen Anordnung einer stationären Massnahme

BGer 7B_843/2023 vom 20.11.2023 (Publikation vorgesehen)

Art. 226 StPO, Art. 364a Abs. 1 StPO, Art. 364b Abs. 2 StPO, Art. 65 Abs. 1 StGB, Art. 59 StGB, Art. 5 Ziff. 1 lit. a EMRK

Freiheit, Haft, Strafen und Massnahmen

Die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme im Nachgang an die Verbüssung einer Strafe nach Art. 65 Abs. 1 StGB ist nur zulässig, wenn sich nach der Rechtskraft des Urteils neue Tatsachen oder Beweismittel ergeben haben, welche die Voraussetzungen einer Massnahme begründen können. Die neuen Tatsachen sind jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sie die abgeurteilten Taten oder die Schuldfrage beeinflussen, nicht jedoch, wenn sie lediglich die Voraussetzungen für das Verhängen einer Massnahme betreffen.

Der Beschwerdeführer wurde wegen einfacher Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 150 Tagen, unter Auferlegung von Auflagen, bei einer Probezeit von vier Jahren, verurteilt. In der Folge verstiess der Beschwerdeführer gegen die Auflagen, weswegen die Freiheitsstrafe widerrufen wurde. Nur fünf Tage vor der vollumfänglichen Verbüssung der Freiheitsstrafe wurde ein forensisch-psychiatrisches Kurzgutachten erstellt. Dieses hielt fest, dass die zum Zeitpun [...]

Sandro Horlacher | legalis brief StrR 19.12.2023