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VORGESTELLT

Miriam Riegger – «Durch meine Erfahrungen mit dem Strafrecht begegne ich Menschen und Situationen noch offener und unvoreingenommener.»

Straf- & Strafprozessrecht

Miriam Riegger ist selbständige Advokatin bei der Advokatur am Dreispitz in Basel. Schon immer vom Strafrecht fasziniert, absolvierte sie nach ihrem Jusstudium in Basel und Neuenburg ein erstes Volontariat am Bundesstrafgericht (in Bellinzona) in der Sonnenstube der Schweiz. Danach arbeitete sie einige Jahre als Untersuchungsbeamte beim damaligen Bezirksstatthalteramt in Arlesheim und führte Strafuntersuchungen selbst durch. Ausserdem absolvierte sie in dieser Zeit den CAS Forensics. Nachdem sie weitere Jahre in der Privatwirtschaft in verschiedenen Bereichen wertvolle Berufserfahrungen gesammelt hatte, gründete sie im Jahr 2018 in Basel am urbanen Dreispitz eine eigene Anwaltskanzlei mit dem Fokus auf Strafrecht. Drei Jahre später schloss sie sich mit Advokatin J. Baltzer und Advokat Dr. M. Kaiser zur Advokatur am Dreispitz zusammen. Sie vertritt ihre Mandanten und Mandantinnen sowohl in der Rolle als Verteidigerin, als auch als Opfervertreterin.  Sie ist zudem Mitglied der Co-Leitung der Fachgruppe Strafrecht in Basel und Gastreferentin an Fachkursen des Schweizerischen Polizeiinstituts.

Wann sind Sie das erste Mal mit dem Strafrecht in Kontakt gekommen?

Mit ca. 17 Jahren war ich mit meinen Freunden und meiner Schwester mit dem letzten Zug auf dem Heimweg von Basel nach Liestal. Am Bahnhof Liestal bedrohte ein Mann auf dem Bahnhofsplatz alle Anwesenden mit einer Waffe. Es kam Panik auf. Wir flüchteten und versteckten uns und riefen die Polizei. Als die Polizei schliesslich auf Platz kam, waren alle vorher anwesenden Personen/Zeugen bereits verschwunden (wollten nichts mehr damit zu tun haben). Meine Schwester und ich hatten aber zugewartet, damit wir den Polizisten eine Beschreibung der Bedrohungssituation und der Täterschaft geben konnten. Der Täter befand sich nämlich zusammen mit seinen Leuten denn auch immer noch am Bahnhof. Die Polizisten führten in der Folge vor Ort eine Direktkonfrontation zwischen uns und der Täterschaft durch, nahmen den Sachverhalt auf und verliessen dann die Örtlichkeit. Meine Schwester und ich befanden uns danach dort ganz alleine mit der Täterschaft. Wir fühlten uns überhaupt nicht mehr wohl in unserer Haut, hatten verständlicherweise Angst und rannten auf Umwegen nach Hause. Dieses Verhalten der Polizei damals irritierte mich zutiefst und zeigte mir auf, dass nicht immer alles so läuft, wie es sollte.

Was sind Ihre alltäglichen Herausforderungen?

Den Erwartungen der Klientschaft nach den gesetzlichen Möglichkeiten gerecht zu werden und die Grauzonen sowie die vorhandenen Ermessensspielräume optimal zu Gunsten der Klientschaft zu nutzen.

Mit welcher Person aus dem Bereich des Strafrechts (aktuell oder historisch) würden Sie gerne für einen Tag die Rollen tauschen?

Mit einem forensischen Psychiater während einer Begutachtung (insbesondere Explorationsgespräch).

Haben Ihre Erfahrungen mit dem Strafrecht Sie bzw. die Sicht auf Menschen verändert?

Man begegnet Menschen und Situationen noch offener und unvoreingenommener.

Machen Strafen Menschen zu besseren Leuten?

Nicht per se. Sie bieten aber je nachdem die Möglichkeit, einen neuen Lebensweg zu beschreiten, eine zweite Chance.

Wenn Sie die Möglichkeit hätten, was würden Sie ändern (Strafnormen, Strafsystem, Prozess etc.)?

Sämtliche Befragungen per Audio- oder Videoaufnahme durchführen.

Anina Hofer | legalis brief StrR 18.06.2025