
Entscheid der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLKE) vom 20. Januar 2021 (III. Kammer)
UWG 3Â I o; SLK-GS C.4 II.Eine bestehende Kundenbeziehung rechtfertigt die Zustellung von Massenwerbung mit kommerziellem Angebot eines Drittanbieters jedenfalls dann nicht, wenn der Kunde hierzu keine entsprechende Einwilligung abgegeben hat (E. 4).s
Eine Einwilligung zur Datenbearbeitung fĂŒr Marketingzwecke an Drittanbieter bedarf einer ausdrĂŒcklichen spezifischen ErklĂ€rung; enthalten die formulierten Marketingzwecke keine Bewerbung von Drittparteienangeboten, kann fĂŒr solche Zwecke keine Einwilligung abgeleitet werden (E. 5).â1
LCD 3 l o; RĂšgle CSL C.4 II.Une relation dâaffaires avec un client ne justifie pas lâenvoi de publicitĂ© de masse proposant les offres commerciales dâun prestataire tiers, encore moins si le client nây a pas consenti (consid. 4).
Le consentement au traitement des donnĂ©es Ă des fins de marketing pour des prestataires tiers requiert une dĂ©claration spĂ©cifique et explicite. Si les fins de marketing formulĂ©es nâincluent pas la promotion dâoffres de tiers, alors il nâest pas possible de dĂ©duire un consentement Ă cette fin (consid. 5).â2
Ein im Versicherungssektor tĂ€tiges Unternehmen hatte einem seiner Kunden im Rahmen einer «Mailing-Aktion» Werbung eines Drittanbieters per E-Mail zukommen lassen. Da dies den Kunden störte, erhob er Beschwerde. Die Beschwerdegegnerin bedauerte diese Zustellung, wies aber darauf hin, dass entgegen den Angaben des BeschwerdefĂŒhrers eine Einwilligung zur Zustellung vorgelegen habe.
Die III. Kammer hat die Beschwerde im Sinne der ErwĂ€gungen gutgeheissen und der Beschwerdegegnerin empfohlen, dem BeschwerdefĂŒhrer inskĂŒnftig keine solche E-Mail-Werbung mehr zu senden.
1.
Der BeschwerdefĂŒhrer beanstandet, dass er von der Beschwerdegegnerin am 29. April 2020 eine E-Mail mit Marketingelementen erhalten habe. Es sei zwar eine grundlegende Kundenbeziehung zum Absender vorhanden. Ihm sei aber nicht bewusst, dass er ansatzweise oder konkret eine Zustimmung zum Versand gegeben habe. Die beworbene Plattform habe zudem keinen Zusammenhang zum KundenverhĂ€ltnis.
2.
Die Beschwerdegegnerin bedauert, dass der BeschwerdefĂŒhrer diese E-Mail erhalten habe. Es habe sich um eine UnterstĂŒtzungsaktion fĂŒr durch die Coronakrise schwer getroffene KMU gehandelt. Aufgrund des Non-Profit-Charakters seien bei dieser spontanen Aktion die Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 1 lit. o des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG, wohl nicht vertieft geprĂŒft worden. Im Rahmen des Vertragsabschlusses wĂŒrden die Versicherungskunden aber standardmĂ€ssig eine Einwilligung zur Datenbearbeitung fĂŒr Marketingzwecke abgeben. FĂŒr Kunden, die dies nicht wollen, werde im CRM-System ein Werbestopp hinterlegt. Dies sei beim BeschwerdefĂŒhrer nicht der Fall gewesen.
3.
GemĂ€ss Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG handelt unlauter, wer Massenwerbung ohne direkten Zusammenhang mit einem angeforderten Inhalt fernmeldetechnisch sendet oder solche Sendungen veranlasst und es dabei unterlĂ€sst, vorher die Einwilligung der Kunden einzuholen, den korrekten Absender anzugeben oder auf eine problemlose und kostenlose Ablehnungsmöglichkeit hinzuweisen; wer beim Verkauf von Waren, Werken oder Leistungen Kontaktinformationen von Kunden erhĂ€lt und dabei auf die Ablehnungsmöglichkeit hinweist, handelt nicht unlauter, wenn er diesen Kunden ohne deren Einwilligung Massenwerbung fĂŒr eigene Ă€hnliche Waren, Werke oder Leistungen sendet (vgl. auch Grundsatz Nr. C.4 Abs. 2 Ziff. 5 und Abs. 3 der Lauterkeitskommission [SLK-GS]).
4.
Vorliegend besteht zwischen den Parteien eine Kundenbeziehung. Die Inhalte der beanstandeten E-Mail bewerben jedoch ein kommerzielles Drittparteienangebot (Förderung des Umsatzes Dritter) sowie ein Gewinnspiel der Beschwerdegegnerin. Direkte Werbung fĂŒr eigene Ă€hnliche Leistungen (Werbung fĂŒr Versicherungsleistungen) enthĂ€lt die E-Mail nicht. Die Kundenbeziehung dient in diesem Fall daher nicht als Rechtfertigung fĂŒr die Zustellung der Massenwerbung ohne vorgĂ€ngige Einwilligung.
5.
Auch die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Einwilligung zur Datenbearbeitung fĂŒr Marketingzwecke, welche alle ihre Versicherungskunden im Rahmen des Vertragsabschlusses erteilen wĂŒrden, rechtfertigt die Zustellung der beanstandeten Massenwerbung nicht. Die im vorliegenden Einwilligungstext (sog. SchlusserklĂ€rung) formulierten Marketingzwecke umfassen keine Bewerbung von Drittparteienangeboten. Nach Auffassung der Lauterkeitskommission ist zudem das Vorliegen einer Einwilligung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG nur dann zu bejahen, wenn der Kunde ausdrĂŒcklich eine spezifische ErklĂ€rung abgegeben hat, dass er einem Empfang von Newslettern oder anderen Formen fernmeldetechnisch versandter Massenwerbung zustimmt (Opt-In).
Fussnoten:
1 |
Die LeitsÀtze und die Sachverhaltsdarstellung sind nicht Bestandteil des offiziellen Entscheides; sie stammen vom Berichterstatter. |
2 |
Les principes gĂ©nĂ©raux et lâexposĂ© des faits ne font pas partie de lâarrĂȘt official, mais proviennent du rapporteur. |