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Aus dem Institut | Nouvelles de l’Institut

Richtlinien in Markensachen des Eidgenössischen Instituts fĂŒr Geistiges Eigentum

Teilrevision per 1. MĂ€rz 2022

Das Eidgenössische Institut fĂŒr Geistiges Eigentum hat seine Richtlinien in Markensachen teilweise revidiert. In der neuen Fassung sind alle seit dem Jahr 2019 in Kraft getretenen PraxisĂ€nderungen angefĂŒhrt sowie die neue Praxis betreffend die geografische EinschrĂ€nkung der Waren- und Dienstleistungsliste bei Marken mit einer Herkunftsangabe (vgl. dazu die nachfolgenden ErlĂ€uterungen).

Die neuen Richtlinien sind am 1. MĂ€rz 2022 in Kraft getreten und werden seit jenem Zeitpunkt auf alle hĂ€ngigen Verfahren angewendet. Sie sind auf der Homepage des IGE abrufbar: â€čhttps://www.ige.ch/de/uebersicht-dienstleistungen/dokumente-und-links/markenâ€ș.

Revision von Teil 5 aufgrund der Praxislockerung betr. die geografische EinschrÀnkung der Waren- und Dienstleistungsliste (WDL) bei Marken mit einer Herkunftsangabe

I. Ausgangslage

Die EinschrĂ€nkungspraxis wurde vor lĂ€ngerer Zeit eingefĂŒhrt, um das Verbot der Eintragung von irrefĂŒhrenden Marken im Bereich Herkunftsangaben umzusetzen. Soweit das Warenverzeichnis einer Marke mit einer Herkunftsangabe nicht auf die betroffene Herkunft eingeschrĂ€nkt ist, weist das IGE das Eintragungsgesuch gestĂŒtzt auf Art. 2 lit. c und Art. 47 ff. i.V.m. Art. 30 Abs. 2 lit. c MSchG zurĂŒck. Analoges gilt, wenn Dienstleistungen betroffen und die Voraussetzungen von Art. 49 MSchG nicht erfĂŒllt sind.

Die geografische EinschrĂ€nkung der WDL bei der Markeneintragung dient dazu, eine abstrakte IrrefĂŒhrungsgefahr zu unterbinden. Abstrakt ist die Gefahr insofern, als der konkrete Gebrauch der Marke im Rahmen der RegisterprĂŒfung durch das IGE nicht ĂŒberprĂŒft werden kann – zumal ein guter Teil der Marken im Zeitpunkt der Eintragung noch gar nicht gebraucht wird.

II. Verzicht auf die geografische EinschrÀnkung bei einfachen Herkunftsangaben

Die Praxislockerung beruht auf dem Ansatz, dass eine Marke im Zeitpunkt ihrer Eintragung im Register nicht als irrefĂŒhrend bewertet wird, solange ihr korrekter Gebrauch im Verkehr möglich ist. Dies bedeutet, dass nicht lĂ€nger auf eine abstrakte IrrefĂŒhrungsgefahr abgestellt wird.

Effektiv ist eine Herkunftsangabe nur/erst dann unzutreffend und somit irrefĂŒhrend im Sinne von Art. 47 Abs. 3 MSchG, wenn sie tatsĂ€chlich fĂŒr Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft verwendet wird – und nicht allein deshalb, weil sie im Register als Marke fĂŒr Waren oder Dienstleistungen eingetragen ist, die allenfalls von einem anderen Ort stammen könnten.

Weiterhin verweigert wird die Markeneintragung all jenen Zeichen mit Herkunftsangaben, die offensichtlich irrefĂŒhrend sind (deren korrekter Gebrauch ausgeschlossen ist). Dies ist der Fall, wenn das Zeichen zwei widersprĂŒchliche Herkunftsangaben enthĂ€lt, oder wenn es fĂŒr Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft beansprucht wird. Diese FĂ€lle treten in der Praxis nur Ă€usserst selten auf. BezĂŒglich Dienstleistungen ist unerheblich, wo der Hinterleger im Zeitpunkt der Eintragung seinen Sitz hat. Auch wenn der Sitz nicht im betroffenen Land liegt, erfolgt keine ZurĂŒckweisung, da ein Gebrauch der Marke im Einklang mit der Regelung von Art. 49 MSchG nicht ausgeschlossen ist.​1

Im Ergebnis entspricht diese Praxis weitgehend jener des EUIPO, das eine EinschrĂ€nkung nur bei im Gebiet der EU geschĂŒtzten geografischen Angaben verlangt.​2

GemĂ€ss der neuen Praxis können Zeichen, die schweizerische oder auslĂ€ndische Herkunftsangaben enthalten (wie beispielsweise «Schweiz», «Swiss made», das Schweizerkreuz,​3 eine Abbildung des Matterhorns oder «made in France»), ohne EinschrĂ€nkung und ungeachtet des Sitzes des Hinterlegers als Marken eingetragen werden.​4

Die Änderung der EinschrĂ€nkungspraxis tangiert den Schutzausschlussgrund der Zugehörigkeit zum Gemeingut (Art. 2 lit. a MSchG) nicht. Herkunftsangaben und geografische Angaben in Alleinstellung bzw. mit weiteren nicht unterscheidungskrĂ€ftigen Elementen sind unverĂ€ndert von der Markeneintragung ausgeschlossen.​5

III. Beibehalt der EinschrÀnkung

Die EinschrÀnkung der WDL wird verlangt, soweit eine entsprechende explizite oder implizite gesetzliche bzw. staatsvertragliche Verpflichtung besteht. Dies ist bei folgenden Angaben der Fall:

a) Landwirtschaftliche und nicht landwirtschaftliche geschĂŒtzte Ursprungsbezeichnungen (GUB) und geschĂŒtzte geografische Angaben (GGA), die im Register des Bundesamts fĂŒr Landwirtschaft (BLW) oder des IGE eingetragen sind (Art. 50b Abs. 7 MSchG).​6

b) Durch die kantonale Gesetzgebung geregelte Ursprungsbezeichnungen fĂŒr Weine (KUB/AOC), die in dem vom BLW veröffentlichten Verzeichnis eingetragen sind. Da Art. 63 Abs. 6 LWG bezĂŒglich des Schutzes und der Verteidigung die analoge Anwendbarkeit der Regelung fĂŒr landwirtschaftliche GUB/GGA vorsieht, muss dies auch fĂŒr das Erfordernis der EinschrĂ€nkung bei der Markeneintragung gelten.

c) International registrierte geografische Angaben gemĂ€ss der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens, soweit ihnen Schutz fĂŒr die Schweiz gewĂ€hrt wird (Art. 50e Abs. 6 MSchG​7).

d) AuslĂ€ndische geografische Angaben, die in der Schweiz durch Abkommen geschĂŒtzt sind, welche bei Markeneintragungsgesuchen fĂŒr Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft die ZurĂŒckweisung von Amtes wegen statuieren. Betroffen sind:

– Angaben, die in den AnhĂ€ngen 7, 8 und 12 des sektoriellen Abkommens mit der EuropĂ€ischen Gemeinschaft angefĂŒhrt sind;

– Angaben (Namen der LĂ€nder und Regionen ausgenommen), die in den bilateralen Abkommen «neuer Generation» (zurzeit mit Russland, Jamaika und Georgien) sowie in Freihandelsabkommen (zurzeit mit Japan und Mexiko) aufgelistet sind;

– Angaben fĂŒr Weine und Spirituosen (gemĂ€ss Art. 23 TRIPS), soweit sie im Ursprungsland als GUB/GGA eingetragen oder unter einem anderen Titel geschĂŒtzt sind (massgebend ist das weltweite Verzeichnis der Organisation for an International Geographical Indications Network – oriGIn).

Mit dem neuen Art. 50e MSchG​8 wollte der schweizerische Gesetzgeber die EinschrĂ€nkungspraxis bezĂŒglich der GUB/GGA/KUB jener der entsprechenden auslĂ€ndischen Angaben angleichen. Eine systematische wie auch eine teleologische Auslegung ergeben, dass es nicht vertretbar ist, fĂŒr die in der Schweiz neu gemĂ€ss Genfer Akte geschĂŒtzten Angaben eine EinschrĂ€nkung zu verlangen, nicht aber fĂŒr die entsprechenden Angaben, die in der Schweiz unter einem anderen, ein vergleichbares Schutzniveau bietenden Vertrag geschĂŒtzt sind.

Die in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts abgeschlossenen VertrĂ€ge «alter Generation» enthalten keine Bestimmungen betreffend die Markeneintragung, sondern regeln einzig den Gebrauch der geschĂŒtzten Bezeichnungen. Entsprechend ist bei Bezeichnungen, die in diesen alten VertrĂ€gen aufgelistet sind, keine EinschrĂ€nkung zu verlangen.

e) Geografische Angaben, deren Gebrauch in einer Branchenverordnung gemĂ€ss Art. 50 MSchG​9 geregelt ist, und denen vom schweizerischen Gesetzgeber ein den GUB/GGA gleichwertiger Status gewĂ€hrt wurde. Ihre Eintragung als geografische Marke (Art. 27a Abs. 1 lit. c MSchG) und ihre internationale Registrierung als geografische Angabe (Art. 50d Abs. 1 lit. c MSchG)​10 ist ebenfalls möglich.​11

Markeneintragungsgesuche, die die erforderliche EinschrĂ€nkung nicht aufweisen, verstossen gegen geltendes Recht und werden gestĂŒtzt auf Art. 2 lit. d i.V.m. Art. 30 Abs. 2 lit. c MSchG zurĂŒckgewiesen.

IV. GrĂŒnde der Praxislockerung

Die EinschrĂ€nkung der WDL auf eine bestimmte geografische Herkunft ist vom materiellen Herkunftsangabenrecht gemĂ€ss Art. 47 ff. MSchG zu trennen. Die Praxislockerung beschlĂ€gt ausschliesslich die Frage, wie das Verbot der Eintragung irrefĂŒhrender Marken umzusetzen ist. Trotzdem besteht zwischen diesen beiden Aspekten (EinschrĂ€nkung zwecks Ausschluss der IrrefĂŒhrungsgefahr einerseits und Qualifikation einer geografischen Bezeichnung als Herkunftsangabe andererseits) insofern ein enger Zusammenhang, als die EinschrĂ€nkung der WDL naturgemĂ€ss nur gerechtfertigt ist, sofern tatsĂ€chlich eine Herkunftsangabe vorliegt.

Das Bundesgericht hat wiederholt bestĂ€tigt, dass die abstrakte IrrefĂŒhrungsgefahr mittels EinschrĂ€nkung zu beseitigen ist.​12 Zudem sind die Kriterien, anhand derer zu entscheiden ist, ob eine geografische Bezeichnung eine Herkunftsangabe darstellt, durch die Rechtsprechung vorgegeben worden.​13 Jedoch haben die eidgenössischen Gerichte in den letzten Jahren die Praxis des IGE hinsichtlich der Qualifikation einer geografischen Bezeichnung als Herkunftsangabe nicht immer geschĂŒtzt. Es bereitet MĂŒhe, die ErwĂ€gungen eines Teils jener Urteile auf kohĂ€rente und sinnvolle Weise in die bisher von den Gerichten vorgegebene Praxis zu integrieren. Daraus haben sich Rechtsunsicherheiten fĂŒr die Hinterleger wie auch fĂŒr das IGE ergeben. Effektiv werden mit der Praxislockerung die materiellen Kriterien zum Ermitteln einer Herkunftsangabe nicht in Frage gestellt; diese behalten ihre GĂŒltigkeit – verlieren aber in der MarkenprĂŒfung durch den Verzicht auf die EinschrĂ€nkung sehr stark an praktischer Bedeutung.

Seit den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat sich die Schweiz fĂŒr eine VerstĂ€rkung des internationalen Schutzes von Herkunftsangaben eingesetzt, namentlich durch den Abschluss von bilateralen VertrĂ€gen und Freihandelsabkommen und in der Folge auch innerhalb der Weltorganisation fĂŒr geistiges Eigentum (OMPI). Diese BemĂŒhungen waren sowohl fĂŒr das IGE wie auch fĂŒr die Gerichte​14 Rechtfertigung einer strengen nationalen Praxis in Bezug auf die Markeneintragung von Zeichen mit Herkunftsangaben. Jedoch haben sich die damals gehegten Hoffnungen der Schweiz bis heute nicht realisiert. Weder wurde eine Art. 23 TRIPS entsprechende Bestimmung fĂŒr weitere Waren geschaffen, noch der Schutz von LĂ€ndernamen in der Pariser VerbandsĂŒbereinkunft festgesetzt. Gleiches gilt in Bezug auf die schweizerische EinschrĂ€nkungspraxis, die – anders als erhofft – nicht von einer relevanten Zahl weiterer LĂ€nder ĂŒbernommen worden ist. TatsĂ€chlich ist die Schweiz im internationalen Vergleich mit dieser Praxis sehr isoliert, was sich insbesondere bei der Schutzausdehnung via das Madrider System bemerkbar macht. Der Stand der Dinge auf internationaler Ebene hat sich im Laufe der Zeit erheblich verĂ€ndert und vermag die strenge schweizerische Praxis nicht mehr zu rechtfertigen. Die PraxisĂ€nderung wird dem «Sonderfall Schweiz» ein Ende setzen, was per se fĂŒr alle Beteiligten positiv erscheint.

Die einzige konkrete rechtliche Wirkung der EinschrĂ€nkung liegt darin, dass ein Gebrauch der Marke mit einer Herkunftsangabe fĂŒr Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft nicht rechtserhaltend gemĂ€ss Art. 11 MSchG wirkt. Eine solche Marke kann infolge Nichtgebrauchs gelöscht werden. Allerdings ist in den rund fĂŒnfzig Jahren, wĂ€hrend derer die EinschrĂ€nkungspraxis galt, kein einziger Fall einer Markenlöschung im In- oder Ausland unter diesem Titel bekannt – ebenso wenig wie eine Löschung aufgrund IrrefĂŒhrung ĂŒber die geografische Herkunft. Im Verfahren auf Löschung einer Marke wegen Nichtgebrauchs wurde dieser Grund in Bezug auf die Missachtung einer geografischen EinschrĂ€nkung bis heute in zwei FĂ€llen geltend gemacht, ebenso im Widerspruchsverfahren. In keinem der vier FĂ€lle ging es darum, eine IrrefĂŒhrung ĂŒber die geografische Herkunft zu unterbinden; vielmehr wurde der Nichtgebrauch nur insofern angefĂŒhrt, als der Antragsteller die Marke fĂŒr sich selbst beanspruchte. Die Löschung wegen Nichtgebrauchs ist nicht zuletzt aufgrund der fĂŒnfjĂ€hrigen Karenzfrist ein ungeeignetes Mittel im Kampf gegen den Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben. Insofern ist die Annahme ĂŒberwiegend rein theoretisch, dass die EinschrĂ€nkungspraxis dem Schutz der Herkunftsangaben einerseits und dem Schutz der Abnehmer vor IrrefĂŒhrung andererseits diene. Es ist Sache der Zivil- und Strafgerichte, im Einzelfall zu prĂŒfen, ob eine Marke mit einer Herkunftsangabe gemĂ€ss den Erwartungen der Abnehmer gebraucht wird.​15

Da der Eintragungsentscheid des IGE den Zivil- und Strafrichter nicht bindet, zeigen auch weder die Qualifikation einer geografischen Bezeichnung als Herkunftsangabe durch das IGE, noch die geografische EinschrĂ€nkung im Register fĂŒr diese Instanzen eine verbindliche Wirkung. So hat beispielsweise das Bundesgericht im Verfahren LOZÄRNER BIER erwogen, dass die Angabe «LozĂ€rner» fĂŒr Biere, die aus der Schweiz, aber nicht aus Luzern stammen, irrefĂŒhrend ist.​16 Das IGE hatte dagegen Marken mit der Angabe «LozĂ€rner Bier» mit einer EinschrĂ€nkung der Biere auf schweizerische Herkunft eingetragen.​17 Das Bundesgericht hat der EinschrĂ€nkung im Register keine Bedeutung beigemessen.

Aus den vorgenannten GrĂŒnden und auf der Grundlage einer Gewichtung aller tatsĂ€chlichen und rechtlichen UmstĂ€nde, insbesondere der betroffenen Interessen, erscheint die EinschrĂ€nkung als ungeeignetes und unverhĂ€ltnismĂ€ssiges Mittel und ist daher aufzugeben.

Allenfalls bewirkt die EinschrĂ€nkungspraxis des IGE faktisch, dass Hinterleger davon abgehalten werden, Marken mit Herkunftsangaben eintragen zu lassen, die sie von vornherein nicht korrekt zu benutzen gedenken. Mit der Praxislockerung geht dieser mögliche abschreckende Effekt – von dem sich nicht ermitteln lĂ€sst, inwieweit er tatsĂ€chlich greift – verloren. Es bleibt aber dabei, dass eine Herkunftsangabe unabhĂ€ngig von ihrer Eintragung als Marke und unabhĂ€ngig von einer EinschrĂ€nkung der WDL nicht in unzutreffender Weise gebraucht werden darf (Art. 47 Abs. 3 MSchG). Das IGE geht seit dem Jahr 2017 aktiv gegen Swissness-MissbrĂ€uche im In- und Ausland vor und rĂ€umt dieser Aufgabe im Bereich der Rechtsdurchsetzung grossen Stellenwert ein.​18 Es arbeitet dabei eng mit BranchenverbĂ€nden und den betroffenen Wirtschaftskreisen zusammen und ist namentlich an dem im FrĂŒhjahr 2021 gegrĂŒndeten Verein Swissness Enforcement beteiligt.​19

V. Änderungen im Richtlinientext

Auf der vorstehend angefĂŒhrten Grundlage sind die Richtlinien in Markensachen in Teil 5 im Wesentlichen in zwei Bereichen geĂ€ndert worden: Einerseits ĂŒberall dort, wo bisher die IrrefĂŒhrung ĂŒber die geografische Herkunft abweichend von der offensichtlichen IrrefĂŒhrungsgefahr ausgehend von sonstigen Hinweisen behandelt wurde; andererseits ĂŒberall dort, wo die Praxis bezĂŒglich der durch spezialgesetzliche bzw. staatsvertragliche Bestimmungen geschĂŒtzten geografischen Angaben beschrieben wird. AusfĂŒhrungen zur erforderlichen EinschrĂ€nkung der WDL finden sich neu nur noch im Zusammenhang mit dem Verstoss gegen geltendes Recht.

Im Einzelnen sind insbesondere folgende Ziffern betroffen:

Ziff. 5.2 Offensichtliche IrrefĂŒhrungsgefahr

Neu werden hier irrefĂŒhrende Herkunftsangaben angefĂŒhrt

Ziff. 7.1 Allgemeine Bemerkungen

Ziff. 7.5 Verbot der Benutzung bestimmter Begriffe

Neu wird in diesen beiden Ziffern angefĂŒhrt, dass die ZurĂŒckweisung aufgrund Verstosses gegen geltendes Recht nur erfolgt, wenn die Markeneintragung durch landesrechtliche oder staatsvertragliche Regelungen untersagt ist bzw. die Eintragung als Marke eine bestimmte EinschrĂ€nkung voraussetzt.

Ziff. 8 Herkunftsangaben und geografische Angaben

Ziff. 8.1.1 Einleitung

Ziff. 8.1.2 Abgrenzung zwischen Herkunftsangaben und geografischen Angaben (GA)

Die (neuen) Titel und Texte unterscheiden klarer zwischen Herkunftsangaben und geografischen Angaben

Ziff. 8.2.1 Direkte und indirekte Herkunftsangaben

Dieser Titel wurde insgesamt verschoben und ein Teil der AusfĂŒhrungen zu indirekten Herkunftsangaben – die stark an praktischer Relevanz verlieren – ist nur noch in Fussnoten.

Ziff. 8.3 Durch das Völkerrecht und spezialgesetzliche Bestimmungen geschĂŒtzte Herkunftsangaben

Hier bzw. in den Unterziffern 8.3.1 ff. sind neu die (leicht angepassten und insbesondere bezĂŒglich der Branchenverordnungen sowie der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens ergĂ€nzten) AusfĂŒhrungen aus den ehemaligen Ziffern 8.7.1 ff. Gleichzeitig wurden Hinweise aus der ehemaligen Ziffer 8.3 nach hinten zu 8.7 verschoben.

Ziff. 8.4.1 Bezeichnungen mit doppelter Bedeutung

Die AusfĂŒhrungen sind gekĂŒrzt worden, da sie an praktischer Bedeutung verloren haben.

Ziff. 8.4.7 Herkunftsangaben, die sich im Verkehr durchgesetzt und/oder eine «secondary meaning» erworben haben

Dieser neue Titel ist nur der VollstÀndigkeit geschuldet; der dazugehörige Text enthÀlt keine materiellen Neuerungen.

Ziff. 8.4.8 Sonstige Ausnahmen aufgrund des Gesamteindrucks

Dieser Titel sammelt neu Hinweise auf Fallgruppen, in denen ein geografischer Name aufgrund weiterer Zeichenelemente keine Herkunftsangabe darstellt. Die diesbezĂŒglichen AusfĂŒhrungen, die bisher in den ehemaligen Ziff. 8.4.7.1 bis 8.4.7.6 standen, sind stark gekĂŒrzt worden, da sie nur noch sehr geringe praktische Relevanz haben.

Ziff. 8.6 IrrefĂŒhrung ĂŒber die geografische Herkunft

Ziff. 8.6.1 Grundsatz

Da nur noch offensichtlich irrefĂŒhrende Herkunftsangaben zurĂŒckgewiesen werden, wurde ein Grossteil der bisherigen AusfĂŒhrungen gestrichen.

Ziff. 8.6.3 Korrektive

Ziff. 8.6.4 Entlokalisierende ZusÀtze

Da nur noch offensichtlich irrefĂŒhrende Herkunftsangaben zurĂŒckgewiesen werden, wurden diese Ziffern gestrichen und ein Teil der AusfĂŒhrungen in die neue Ziff. 8.6.3 verschoben.

Ziff. 8.6.5 EinschrÀnkungspraxis

Ziff. 8.6.5.1 EinschrÀnkung auf die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen

Die AusfĂŒhrungen zu Herkunftsangaben wurden ersatzlos gelöscht; jene betreffend geografische Angaben wurden (in angepasster Form) nach unten zu Ziff. 8.7 Verstoss gegen geltendes Recht verschoben.

Ziff. 8.6.5.2 EinschrÀnkung auf die geografische Herkunft der Rohstoffe oder auf einen Produktionsschritt

Diese Ziffer wurde insgesamt gestrichen. Der Verzicht auf die EinschrĂ€nkung umfasst auch Herkunftsangaben bezĂŒglich der Rohstoffe oder eines Produktionsschritts.

Neue Ziff. 8.6.3 Untereinander oder in Bezug auf die betroffenen Waren bzw. Dienstleistungen widersprĂŒchliche Bezeichnungen

Der Titel ist neu; die AusfĂŒhrungen standen bisher teils schon unter den ehemaligen Ziff. 8.6.4 und Ziff. 8.6.6 und wurden in Bezug auf den Widerspruch zwischen Zeichen und WDL ergĂ€nzt.

Ziff. 8.7 Verstoss gegen geltendes Recht (Art. 2 lit. d MSchG)

Ziff. 8.7.1 Allgemeines

Die bisherigen AusfĂŒhrungen je zu den relevanten Gesetzen/VertrĂ€gen, die in den ehemaligen Ziff. 8.7.1 bis 8.7.6 standen, wurden wie folgt teilweise verschoben: Die allgemeinen GrundsĂ€tze zu den gesetzlichen bzw. vertraglichen Grundlagen sind neu in Ziff. 8.3 und die AusfĂŒhrungen betr. Gemeingut neu in Ziff. 8.5.

Ziff. 8.7.2 EinschrÀnkung der Waren bzw. Dienstleistungen

Hier wird neu der Text aus der ehemaligen Ziff. 8.6.5 EinschrĂ€nkungspraxis gefĂŒhrt. Die Hinweise wurden insbesondere insofern angepasst, als die bilateralen VertrĂ€ge «alter Generation» in diesem Zusammenhang nicht mehr berĂŒcksichtigt werden und bezĂŒglich der ĂŒbrigen VertrĂ€ge die Namen der LĂ€nder und Regionen ausser Acht bleiben.

Ziff. 9 Öffentliche Zeichen und Hoheitszeichen

In dieser Ziffer wurden ĂŒberall dort Anpassungen vorgenommen, wo die IrrefĂŒhrung ĂŒber die geografische Herkunft erwĂ€hnt wird, die neu nur noch im Fall offensichtlicher IrrefĂŒhrung relevant ist.

Fussnoten:

1

Der Grundsatz, nur bei offensichtlicher IrrefĂŒhrung zurĂŒckzuweisen, wird absolut angewendet; auf die Höhe der Wahrscheinlichkeit einer korrekten Benutzung im Einzelfall kommt es daher nicht an.

2

Die schweizerischen Branchenverordnungen sind keine Grundlage, um eine Bezeichnung als geografische Angabe auf EU-Ebene i.S.v. Art. 7 1. j) der Verordnung (EU) 2017/1001 ĂŒber die Unionsmarke zu qualifizieren.

3

Die geografische IrrefĂŒhrung gemĂ€ss WSchG wird gemĂ€ss der neuen Praxis ausgelegt. Dagegen sind die vom WSchG statuierten Verbote der Markeneintragung (z.B. betreffend das Schweizer Wappen) von der PraxisĂ€nderung nicht tangiert.

4

Diese Regelung gilt nicht, wo Bezeichnungen durch einen besonderen Titel geschĂŒtzt sind (vgl. nachfolgend Ziff. III).

5

Art. 27a MSchG bleibt vorbehalten.

6

Vgl. BBl 2009, 8606 und 8619.

7

Vgl. BBl 2021 675 ff. Die Bestimmung ist am 1. Dezember 2021 in Kraft getreten (vgl. â€čhttps://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-79355.htmlâ€ș).

8

Vgl. Fn. 7.

9

Zurzeit die Verordnung ĂŒber die BenĂŒtzung des Schweizer Namens fĂŒr Uhren sowie die Verordnung ĂŒber die Verwendung von schweizerischen Herkunftsangaben fĂŒr kosmetische Mittel.

10

Vgl. Fn 7.

11

Im Anwendungsbereich der Verordnung ĂŒber die BenĂŒtzung des Schweizer Namens fĂŒr Uhren berĂŒcksichtigt das IGE die folgenden regionalen Angaben: GenĂšve, Schaffhausen, VallĂ©e de Joux, NeuchĂątel, La Chaux-de-Fonds, Le Locle und Fleurier.

12

Vgl. z.B. BGer in PMMBl 71/84, «Tour de Suisse»; BGE 128 III 454 ff. E. 2.2, «Yukon»; BGE 132 III 770 ff. E. 2.1, «Colorado» (fig.); BGer vom 4. Dezember 2015, 4A_357/2015, E. 4.2, «Indian Motorcycle»; BGE 147 III 326 ff. E. 5, «SWISS RE – WE MAKE THE WORLD MORE RESILIENT».

13

Das BGer hat den Erfahrungssatz formuliert, wonach eine geografische Bezeichnung, verwendet zur Kennzeichnung von Waren/Dienstleistungen, im Regelfall als Herkunftsangabe verstanden wird (vgl. BGE 135 III 416 ff. E. 2.2., «Calvi» [fig.], m.w.H.), und in der weiteren Rechtsprechung von BGer und BVGer wurden dazu zahlreiche Ausnahmen entwickelt.

14

Im Jahr 1980 hat das BGer angefĂŒhrt: «Zu bedenken ist ferner, dass durch bilaterale VertrĂ€ge und internationale Bestrebungen heute in vermehrtem Mass versucht wird, geographische Herkunftsangaben nach Möglichkeit vor unrichtiger Verwendung zu schĂŒtzen, weil in vielen LĂ€ndern ein wachsendes Interesse an der Wahrheitspflicht der Fabrikanten festzustellen ist [
]. Solche VertrĂ€ge hat die Schweiz seit etwa zehn Jahren denn auch bereits mit mehreren europĂ€ischen Staaten abgeschlossen [
]. Diese anhaltenden Tendenzen dĂŒrfen bei der Beurteilung der TĂ€uschungsgefahr ebenfalls berĂŒcksichtigt werden» (BGer in PMMBl 85/52, E. 3b in fine, «Lima Models»).

15

Anders als das IGE berĂŒcksichtigen die Gerichte fĂŒr die Frage, ob eine IrrefĂŒhrung ĂŒber die geografische Herkunft vorliegt, nicht nur die Marke als solche, sondern alle UmstĂ€nde des Gebrauchs im Einzelfall; vgl. BGE 144 II 386 ff., «LozĂ€rner Bier» und BGer vom 20. August 2020, 2C_322/2021, «Saas das Bier». Vgl. auch BGE 147 III 326 ff. E. 7.2.1, «SWISS RE – WE MAKE THE WORLD MORE RESILIENT».

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17

Vgl. auch BGer vom 20. August 2020, 2C_322/2021, «Saas das Bier». Das IGE hat eine Marke mit dem Bestandteil «Saas das Bier» fĂŒr Bier schweizerischer Herkunft eingetragen (CH 744978).

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