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Berichte / Rapports

«Bettina will leben»

Entscheid der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLKE) vom 16. September 2020 (I. Kammer)

Mitgeteilt von Mischa Senn, Prof. Dr. iur., Fachexperte und Vizepräsident der SLK.

SLK-GS B.7 (Persönlichkeitsschutz bei kommerzieller Kommunikation)Die Verwendung des Namens einer Person oder ihres Abbildes (Personenbildnis) ist in der kommerziellen Kommunikation nur mittels ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Dies gilt auch dann, wenn die Person im Rahmen einer Crowdfunding-Kampagne ihren Namen und ihre Geschichte öffentlich bekannt machte und über diese Person eine breite mediale Berichterstattung unter Namensnennung lief (E. 3).

Ein mit «Promotion» bezeichneter Beitrag über diese Geschichte stellt ein Advertorial dar und ist entsprechend unter den Gesichtspunkten der kommerziellen Kommunikation zu beurteilen (E. 4).​1

Règle CSL B.7 (protection de la personnalité dans la communication commerciale).Dans la communication commerciale, l’utilisation du nom d’une personne ou de sa représentation (portrait) n’est autorisée qu’avec son consentement explicite. Cette règle s’applique également si la personne a rendu publics son nom et son parcours dans le cadre d’une campagne de crowdfunding et qu’elle a fait l’objet d’une large couverture médiatique avec mention de son nom (consid. 3).

Un article consacré à ce parcours et désigné en tant que «promotion» constitue un publireportage et doit en conséquence être évalué sous l’angle de la communication commerciale (consid. 4).​2

Die Beschwerdeführerin konnte die medizinische Behandlung ihrer Erkrankung mittels Crowdfunding finanzieren. Die mit «Bettina will leben» betitelte Kampagne von anfangs 2019 wurde in der breiten Öffentlichkeit bekannt; ihren Namen hatte die Beschwerdeführerin bereits zu Beginn bekannt gegeben. Die Kampagne fand auch in den (redaktionellen) Medien eine grosse Beachtung, entsprechend wurde darüber ausführlich und unter Namensnennung berichtet. Im Juni 2020 erschien in einem auf die Gesundheitsbranche ausgerichteten Medienportal ein mit «Promotion» bezeichneter Beitrag einer Anwaltskanzlei, der die Geschichte der Beschwerdeführerin nochmals und mit Fokus auf die gesundheitsrechtlichen und finanziellen Aspekte aufzeigt. Am Schluss dieses Beitrags folgt eine Beschreibung der Dienstleistungen dieser Kanzlei. Darin wird u.a. erwähnt, dass sie «in der Lage [sei], für unsere Kunden pragmatische Lösungen zu finden. Dies betrifft auch Fälle wie denjenigen von B (…).»

Die I. Kammer hat die Beschwerde gutgeheissen und der Beschwerdegegnerin empfohlen, zu veranlassen, dass Name und Abbild der Beschwerdeführerin aus dem beanstandeten Promotionsbeitrag entfernt werden.

Erwägungen der I. Kammer

1.

Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass im Advertorial «Welches sind die Lehren aus dem Crowdfunding «Bettina will Leben»?» der Beschwerdegegnerin auf der Online-Plattform «medinside.ch» ohne Zustimmung, und damit in Verletzung von Grundsatz Nr. B.7 der Lauterkeitskommission, Angaben zur Person der Beschwerdeführerin (Name und Bild) gemacht werden und diese Angaben mit einem anonymisierten Gerichtsurteil verknüpft sind.

2.

Die Beschwerdegegnerin beruft sich auf die öffentliche Berichterstattung zum Crowdfunding der Beschwerdeführerin, welches Thema der beanstandeten Kommunikation ist. Die umfangreiche öffentliche Berichterstattung unter Namensnennung etc. habe mit Einverständnis der Beschwerdeführerin stattgefunden. Zudem nehme der beanstandete Artikel wichtige aktuelle und juristische Fragestellungen rund um das Crowdfunding auf. Aus diesen Gründen sei die Publikation unter Namensnennung und Bildveröffentlichung |durch das von der Beschwerdeführerin selber hervorgerufene öffentliche Interesse gedeckt.

3.

Gemäss Grundsatz Nr. B.7 Abs. 1 der Lauterkeitskommission bedarf die Verwendung des Namens oder Abbilds von Personen in der kommerziellen Kommunikation immer der ausdrücklichen Zustimmung dieser betroffenen Person. Im Gegensatz zur redaktionellen Kommunikation besteht demnach für die kommerzielle Kommunikation nicht die Möglichkeit einer Güterabwägung zwischen dem legitimen Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit und dem individuellen Bedürfnis der betroffenen Person auf Wahrung ihres Persönlichkeitsschutzes. Denn die kommerzielle Kommunikation dient nicht nur der allfälligen Information einer breiten Öffentlichkeit, sondern insbesondere auch der Akquisition von Neukunden oder der Bindung von bestehenden Kunden. Ob dafür das Bild oder der Name einer Drittperson eingesetzt werden darf, muss in der Verfügungsmacht der betroffenen Person bleiben.

4.

Vorliegend handelt es sich zweifelsohne um kommerzielle Kommunikation, da der fragliche Beitrag von der Beschwerdegegnerin als «Promotion» auf der Plattform «medinside.ch» veröffentlicht wurde. Da vorliegend keine Zustimmung der Beschwerdegegnerin zur Namensnennung resp. Bildnutzung vorliegt, ist die Beschwerde gutzuheissen.

Fussnoten:

1

Die Leitsätze und die Sachverhaltsdarstellung sind nicht Bestandteil des offiziellen Entscheides; sie stammen vom Berichterstatter.

2

Les principes généraux et l’exposé des faits ne font pas partie de l’arrêt officiel, mais proviennent du rapporteur.