![]() |
Entscheid der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLKE) vom 22. Januar 2025 (III. Kammer)
Mitgeteilt von Mischa Senn,
Prof. Dr. iur., Fachexperte und VizeprÀsident der SLK.
SLK-GS B.2; UWG 3 I b (unrichtige Angaben).
Kommerzielle Kommunikation ist unlauter, wenn sich ein Unternehmen in der Kommunikation unrichtiger oder irrefĂŒhrender Aussagen oder Angaben vorteilhafter darstellt. Insbesondere mĂŒssen Aussagen und Angaben ĂŒber die angebotenen Produkte wahr und klar sein (E. 3).
SLK-GS A.1.3. (VerstÀndnis der massgebenden Zielgruppe).
Soweit eine Angabe vom Durchschnittsadressaten indessen als marktschreierische Ăbertreibung oder als subjektive MeinungsĂ€usserung wahrgenommen wird, liegt keine Unlauterkeit vor. Dabei berĂŒcksichtigt die SLK insbesondere das VerstĂ€ndnis der massgebenden Zielgruppe (E. 3).
Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich der Zielgruppe von jenen Personen auszugehen, die eine bestimmte AffinitĂ€t zu ĂbernatĂŒrlichem und Parawissenschaften aufweisen und ein Interesse haben, Beton einzusetzen (E. 4).
Nach Auffassung der SLK handelt es sich bei Aussagen wie das Mitsichbringen von «bien-ĂȘtre», Wiederherstellung des Lebensflusses etc. um fĂŒr diese Zielgruppe erkennbar marktschreierische Ăbertreibungen. Diese Adressaten vermögen die Aussagen entsprechend ihrem VerstĂ€ndnis zu deuten und können daher nicht irregefĂŒhrt werden (E. 5).
SLK-GS A.5; UWG 13a (Beweislast).
Die Beweislast liegt beim Werbenden. Er muss die Richtigkeit der Werbeaussagen beweisen können (E. 3).
Soweit damit geworben wird, das beworbene Produkt habe wissenschaftlich nachgewiesene Auswirkungen, liegt â im Gegensatz zu subjektiven MeinungsĂ€usserungen â eine objektive Aussage vor, deren Richtigkeit zu beweisen ist. Sind die vorgelegten Belege jedoch weder ausreichend noch glaubwĂŒrdig, um diesen Wahrheitsbeweis zu erbringen, werden die Durchschnittsadressaten irregefĂŒhrt (E. 6).â1
RĂšgles de la CSL B.2; LCD 3 I b (indications inexactes).
La communication commerciale est dĂ©loyale lorsquâune entreprise se prĂ©sente de maniĂšre plus avantageuse en communiquant des dĂ©clarations ou des indications inexactes ou fallacieuses. En particulier, les dĂ©clarations et indications concernant les produits proposĂ©s doivent ĂȘtre vraies et claires (consid. 3).
RÚgles de la CSL A.1.3 (compréhension par le public cible déterminant).
Dans la mesure oĂč une indication est perçue par le destinataire moyen comme une exagĂ©ration publicitaire ou comme lâexpression dâune opinion subjective, il nây a pas de dĂ©loyautĂ©. La CSL tient compte en particulier de la maniĂšre dont le public cible dĂ©terminant comprend le message publicitaire (consid. 3).
Dans le cas en cause, il convient de prendre en compte, en ce qui concerne le groupe cible, les personnes qui prĂ©sentent une certaine affinitĂ© avec le surnaturel et les parasciences et qui ont un intĂ©rĂȘt Ă utiliser le bĂ©ton (consid. 4).
De lâavis de la CSL, les affirmations telles que lâapport de «bien-ĂȘtre», le rĂ©tablissement du flux vital, etc. sont des exagĂ©rations commerciales reconnaissables pour ce groupe cible. Ces destinataires sont en mesure dâinterprĂ©ter ces dĂ©clarations sur la base de leur comprĂ©hension et ne peuvent donc pas ĂȘtre induits en erreur (consid. 5).
RĂšgles de la CSL A.5; LCD 13a (fardeau de la preuve).
Le fardeau de la preuve incombe Ă lâannonceur, qui doit pouvoir prouver lâexactitude de ses affirmations publicitaires (consid. 3).
Dans la mesure oĂč la publicitĂ© affirme que le produit vantĂ© a des effets scientifiquement prouvĂ©s, il ne sâagit pas de lâexpression dâopinions subjectives, mais dâune dĂ©claration objective dont la vĂ©racitĂ© doit ĂȘtre prouvĂ©e. Toutefois, si les preuves prĂ©sentĂ©es ne sont ni suffisantes ni crĂ©dibles pour confirmer cette vĂ©racitĂ©, le destinataire moyen est induit en erreur (consid. 6).â2
1. Nach Ansicht des BeschwerdefĂŒhrers sind die Werbeaussagen zu einem Zusatzmittel fĂŒr Beton irrefĂŒhrend und wĂŒrden auf ungeprĂŒften «pseudowissenschaftlichen» Grundlagen beruhen. Der Hersteller behaupte, das beworbene Produkt wĂŒrde «stimule les processus physiologiques humains» und bringe «bien-ĂȘtre» mit sich. Das Produkt wĂŒrde zudem mit Effekten wie die Wiederherstellung des Lebensflusses in Beton, psychologische Vorteile sowie angebliche Auswirkungen auf die Kristallstruktur des Weins beworben. Weiter beanstandet der BeschwerdefĂŒhrer die Begriffe «triple aveugle» und «électroacupuncture» als irrefĂŒhrend. Die Konsumenten wĂŒrden verleitet werden, an Vorteile des Produkts fĂŒr die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden zu glauben, ohne dass glaubwĂŒrdige wissenschaftliche Beweise vorgelegt wĂŒrden.
2. In ihrer umfangreichen Stellungnahme widerspricht die Beschwerdegegnerin den AusfĂŒhrungen des BeschwerdefĂŒhrers. Dass ihr Auftritt irrefĂŒhrend und betrĂŒgerisch sei, sei an den Haaren herbeigezogen und absurd. Offenheit, Ehrlichkeit, AusfĂŒhrlichkeit und Differenziertheit seien ihr bei der ErklĂ€rung ihres Produktes wichtig. Der Entscheid von Bauherrschaften, Geld fĂŒr die Anwendung des Produktes auszugeben, geschehe in jedem Fall frei und auf einer transparenten, umfassenden, sachgemĂ€ssen Urteilsgrundlage. Wem der Ansatz und das Auftreten der Beschwerdegegnerin nicht passe, merke das sofort und werde sich mit Sicherheit nicht «irrefĂŒhren» lassen.
3. Kommerzielle Kommunikation ist unlauter, wenn ein Unternehmen sich durch die Kommunikation unrichtiger oder irrefĂŒhrender Aussagen oder Angaben vorteilhafter darstellt. Insbesondere mĂŒssen Aussagen und Angaben ĂŒber die angebotenen Produkte wahr und klar sein (Art. 3 Abs. 1 lit. b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG und Grundsatz Nr. B.2 Abs. 1 und 2 Ziff. 2 der Lauterkeitskommission). Objektive Aussagen mĂŒssen wahr und klar sein. Die Richtigkeit einer Werbeaussage muss der Werbende beweisen können. Es ist somit Sache der Beschwerdegegnerin, die von ihr behaupteten oder dargestellten objektiven Tatsachen nachzuweisen (Grundsatz Nr. A.5 der SLK, Art. 13 Abs. 3 des GeschĂ€ftsreglements der SLK und Art. 13a UWG). Soweit eine Angabe von den Durchschnittsadressaten aber als marktschreierische Ăbertreibung oder als subjektive MeinungsĂ€usserung wahrgenommen wird, liegt keine Unlauterkeit vor (siehe zum Beispiel Handelsgericht ZĂŒrich vom 12. Juli 2012, HG110005-O,, E. V.2.3.; vgl. z.B. auch Entscheide der SLK Nr. 125/15 vom 11. MĂ€rz 2015 und Nr. 145/16 vom 11. Mai 2016). FĂŒr die Beurteilung einer Massnahme der kommerziellen Kommunikation berĂŒcksichtigt die Lauterkeitskommission insbesondere das VerstĂ€ndnis der massgebenden Zielgruppe und den Gesamteindruck (siehe Grundsatz Nr. A.1 Ziff. 3 der Lauterkeitskommission). Beim VerstĂ€ndnis der massgebenden Zielgruppe wird nach stĂ€ndiger Praxis der Lauterkeitskommission auf das VerstĂ€ndnis der durchschnittlich verstĂ€ndigen, durchschnittlich aufgeklĂ€rten und durchschnittlich informierten Mitglieder der adressierten Zielgruppe (sog. Durchschnittsadressaten) abgestellt (vgl. auch BGE 132 III 414 ff. E. 2.3.2; M. Senn, Neuer Grundsatz zum Geltungs- und Anwendungsbereich, sic! 2008, 591).
4. Im vorliegenden Fall richtet sich die beanstandete kommerzielle Kommunikation primĂ€r an Personen, die eine bestimmte AffinitĂ€t zu Esoterik, ĂbernatĂŒrlichem, Ăbersinnlichem, Parawissenschaften oder Ă€hnlichem aufweisen und ein Interesse haben, Beton im Rahmen einer BautĂ€tigkeit einzusetzen.
5. Nach Auffassung der Lauterkeitskommission handelt es sich bei Aussagen in Bezug auf die Stimulierung der «processus physiologiques humains», das Mitsichbringen von «bien-ĂȘtre», Wiederherstellung des Lebensflusses etc. um erkennbar marktschreierische Ăbertreibungen oder um blosse subjektive MeinungsĂ€usserungen. Die Durchschnittsadressaten vermögen diese Aussagen entsprechend ihrem VerstĂ€ndnis zu deuten und werden durch die Aussagen nicht irregefĂŒhrt.
6. Soweit die Beschwerdegegnerin damit wirbt, das beworbene Produkt habe wissenschaftlich nachgewiesene Auswirkungen z.B. auf die Kristallstruktur des Weines, liegt eine objektive Aussage vor, deren Richtigkeit die Beschwerdegegnerin zu beweisen hat. Die Beschwerdegegnerin trĂ€gt die Beweislast. Allerdings sind die vorgelegten Belege nicht ausreichend und auch nicht glaubwĂŒrdig, um diesen Wahrheitsbeweis zu erbringen. Es erfolgte kein Test nach wissenschaftlich anerkannten Methoden, welcher die behaupteten Resultate beweisen könnte. DiesbezĂŒglich werden die Durchschnittsadressaten irregefĂŒhrt. Die Beschwerde ist in diesem Zusammenhang gutzuheissen.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. DiesbezĂŒglich wird der Beschwerdegegnerin empfohlen, auf Aussagen zu verzichten, welche suggerieren, das beworbene Produkt habe wissenschaftlich nachgewiesene Auswirkungen, soweit |die Richtigkeit dieser Aussagen nicht mittels Einsatz wissenschaftlich anerkannter Methoden nachgewiesen werden kann. Im Ăbrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Das Plenum der Schweizerischen Lauterkeitskommission hat den Rekurs gegen den Entscheid der III. Kammer am 21. Mai 2025 abgewiesen, mit insbesondere folgender BegrĂŒndung:
Die rekursfĂŒhrende Beschwerdegegnerin macht keine expliziten WillkĂŒrgrĂŒnde geltend. Sie bringt vor, dass ein Punkt der Stellungnahme bei der Beurteilung durch die Kammer untergegangen sei und macht dazu AusfĂŒhrungen. Ihre Eingabe zielt offensichtlich darauf ab, dass das Plenum die Beschwerde im Sinne einer WiedererwĂ€gung nochmals beurteilen soll. FĂŒr diesen Zweck wurde das Rekursrecht nicht geschaffen. Bereits vor diesem Hintergrund ist der Rekurs abzuweisen (E. 4).
|
Fussnoten: |
|
|---|---|
| 1 |
Die LeitsÀtze und die Sachverhaltsdarstellung sind nicht Bestandteil des offiziellen Entscheides; sie stammen vom Berichterstatter. |
| 2 |
Les principes gĂ©nĂ©raux et lâexposĂ© des faits ne font pas partie de lâarrĂȘt officiel, mais proviennent du rapporteur. |

|Die Beschwerde richtete sich gegen ein Unternehmen, das FlĂŒssigzusatzstoffe fĂŒr zement- und anhydrit-basierte Baustoffe produziert. Dieser Zusatzstoff wird aus verschiedenen Natursubstanzen mineralischer, metallischer, pflanzlicher und tierischer Art gewonnen. Das Produkt wurde u.a. mit Effekten wie Wiederherstellung des Lebensflusses in Beton und psychologischer Vorteile beworben.
Die Beschwerdegegnerin widerspricht dem BeschwerdefĂŒhrer, wonach die Werbeaussagen irrefĂŒhrend seien. Denn wem diese Aussagen nicht passen wĂŒrden, könne sich nicht irrefĂŒhren lassen.
Die SLK (III. Kammer) hat die Beschwerde teilweise gutgeheissen. Im Ăbrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. Der Rekurs dagegen wurde vom Plenum am 21. Mai 2025 abgewiesen.