Die Seite der Schweizerischen Lauterkeitskommission | La page de la Commission Suisse pour la Loyauté

Entscheid der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLKE) vom 20. November 2024 (II. Kammer)
Mitgeteilt von Mischa Senn,
Prof. Dr. iur., Fachexperte und VizeprÀsident der SLK.
SLK-GS B.2; UWG 3 I b (unrichtige Angaben).
Kommerzielle Kommunikation ist unlauter, wenn ein Unternehmen sich durch die Kommunikation unrichtiger oder irrefĂŒhrender Aussagen oder Angaben vorteilhafter darstellt. Insbesondere mĂŒssen Aussagen und Angaben ĂŒber die angebotenen Produkte wahr und klar sein (E. 3).
SLK-GS A.5; UWG 13a (Beweislast).
Die Beweislast liegt bei den Werbenden. Sie mĂŒssen die Richtigkeit ihrer Werbeaussagen beweisen können (E. 3).
Wird in der Werbung behauptet, dass nebst Google-Bewertungen noch weitere KundenrĂŒckmeldungen berĂŒcksichtigt worden seien, ist dies nachzuweisen. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, ist die unvollstĂ€ndige Angabe als unlauter zu werten (E. 5).
Wird weiter behauptet, dass verifizierte Kundenbewertungen vorliegen wĂŒrden, diese Aussage aber nicht weiter belegt wird, ist diese ebenfalls als unlauter zu werten (E. 7).â1
RÚgle B.2 de la CSL; LCD 3 I b (indications inexactes).
La communication commerciale est dĂ©loyale lorsquâune entreprise se prĂ©sente de maniĂšre plus avantageuse en communiquant des dĂ©clarations ou des indications inexactes ou trompeuses. En particulier, les dĂ©clarations et indications concernant les produits proposĂ©s doivent ĂȘtre vraies et claires (consid. 3).
RÚgle A.5 de la CSL; LCD 13a (fardeau de la preuve).
Le fardeau de la preuve incombe aux annonceurs. Ils doivent pouvoir prouver lâexactitude de leurs affirmations publicitaires (consid. 3).
Si la publicitĂ© affirme quâen plus des Ă©valuations Google, dâautres retours de clients ont Ă©tĂ© pris en compte, il faut le prouver. Si cette preuve nâest pas apportĂ©e, lâindication incomplĂšte doit ĂȘtre considĂ©rĂ©e comme dĂ©loyale (consid. 5).
Si lâon prĂ©tend en outre quâil existe des Ă©valuations de clients vĂ©rifiĂ©es, mais que cette affirmation nâest pas Ă©tayĂ©e, elle doit Ă©galement ĂȘtre considĂ©rĂ©e comme dĂ©loyale (consid. 7).â2
Eine Anbieterin warb auf ihrer Webseite u.a. mit diesen Aussagen: «Unsere Kundenreferenzen zu +10'000 gelieferten BlumenstrĂ€ussen: 5/5 ***** auf 500 geprĂŒften Kundenmeinungen». Darunter wurden einige Kundenmeinungen mit Namensangabe wiedergegeben, die allesamt mit einer 5-Sterne-Bewertung versehen waren; als Quelle war Google angegeben.
Ein anderer Anbieter fĂŒr Lieferungen von Blumen erhob gegen die Werbung Beschwerde. Im Wesentlichen rĂŒgte das Unternehmen, diese Angaben seien unrichtig und daher unlauter, da die Google-Bewertungen zum einen nur 300 Kundenbewertungen ergaben und die durchschnittliche Bewertung nur 4,9 und nicht 5 Sterne ergebe. Die Beschwerdegegnerin fĂŒhrte aus, dass die angezeigten Bewertungen nur zum Teil aus dem Google-Eintrag stammen wĂŒrden. Allerdings sei die Bewertung von 5/5 Sternen ein Fehler, der korrigiert wĂŒrde.
Die SLK (II. Kammer) hat die Beschwerde gutgeheissen. Es wurde dagegen kein Rechtsmittel (Rekurs) erhoben.
1. Die Beschwerde der BeschwerdefĂŒhrerin richtet sich gegen Angaben zu Kundenbewertungen auf einer Webseite der Beschwerdegegnerin. Nach Ansicht der BeschwerdefĂŒhrerin sei die Angabe «5/5 [Sterne] sur 500 avis clients vĂ©rifiĂ©s» unrichtig und die Veröffentlichung von ausschliesslich 5-Sterne-Kundenbewertungen unlauter. Der Google-Eintrag der Website beinhalte nur etwas mehr als 300 Kundenbewertungen und eine durchschnittliche Bewertung von 4,9 statt 5. Zudem veröffentliche die Beschwerdegegnerin nur 5-Sterne-Kundenbewertungen und unterlasse es, weniger gĂŒnstige Rezensionen zu publizieren. Dieses Verhalten verstosse gegen Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG und sei demzufolge unlauter.
2. Die Beschwerdegegnerin fĂŒhrt aus, dass die angezeigten Bewertungen nur zum Teil aus dem Google-Eintrag stammen wĂŒrden. Teilweise wĂŒrden diese auch auf direkte RĂŒckmeldungen von Kunden zurĂŒckgehen. Was die Angabe einer Bewertung von 5/5 Sternen anbelange, handle es sich um einen Fehler, der korrigiert werde. Die Bewertung von 4,9/5 sei in wenigen Tagen sichtbar. Was negative Bewertungen betreffe, verwende sie ein Plugin, das nach dem Zufallsprinzip Bewertungen aus den Google-EintrĂ€gen extrahiere. Angesichts der Tatsache, dass sie mehr als 320 Bewertungen habe, von denen nur zehn weniger gĂŒnstig seien, sei die Wahrscheinlichkeit, dass diese angezeigt werden, sehr gering.
3. Kommerzielle Kommunikation ist unlauter, wenn ein Unternehmen sich durch die Kommunikation unrichtiger oder irrefĂŒhrender Aussagen oder Angaben vorteilhafter darstellt. Insbesondere mĂŒssen Aussagen und Angaben ĂŒber die angebotenen Produkte wahr und klar sein (Art. 3 Abs. 1 lit. b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG und Grundsatz Nr. B.2 Abs. 1 und 2 Ziff. 2 der Lauterkeitskommission). Ob eine unlautere TĂ€uschung oder IrrefĂŒhrung stattfindet, beurteilt sich im Gesamteindruck eines Werbemittels nach dem VerstĂ€ndnis der angesprochenen Durchschnittsadressaten (siehe z.B. Grundsatz Nr. A.1 Ziff. 3 der Lauterkeitskommission). Die Beweislast liegt bei den Werbenden. Sie mĂŒssen die Richtigkeit ihrer Werbeaussagen beweisen können (siehe Grundsatz Nr. A.5 der Lauterkeitskommission).
4. Wie die Beschwerdegegnerin anerkannt hat, ist die Angabe einer durchschnittlichen Bewertung von 5 statt 4.9 unrichtig. Die Beschwerdegegnerin wird auf ihre Zusage behaftet, eine entsprechende Korrektur vorzunehmen.
5. Soweit die Beschwerdegegnerin behauptet, sie habe nebst den Google-Bewertungen noch weitere KundenrĂŒckmeldungen fĂŒr die Sternebewertung berĂŒcksichtigt, trĂ€gt sie die Beweislast. Die Beschwerdegegnerin hĂ€tte die Existenz der KundenrĂŒckmeldungen, welche sie direkt erhalten hat, nachweisen mĂŒssen. Da sie der Lauterkeitskommission keine Beweise vorgelegt hat, wonach insgesamt 500 Kundenbewertungen vorliegen, welche fĂŒr die Bewertungsberechnung relevant sind, ist die Angabe «sur 500 avis clients» daher ebenfalls als unrichtig zu werten.
6. In Bezug auf die Veröffentlichung von nur positiven Kundenmeinungen vermag die Lauterkeitskommission hingegen keine Unlauterkeit zu erkennen. Selbst wenn nur von 320 Google-Bewertungen mit einer durchschnittlichen Bewertung von 4.9 Sternen ausgegangen wird, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass bei zufĂ€lliger Auswahl aus allen Bewertungen jeweils auch mindestens eine negative Bewertung angezeigt wird. Vor diesem Hintergrund kann diesbezĂŒglich der Argumentation der Beschwerdegegnerin gefolgt werden.
7. Es ist weiter festzuhalten, dass die Durchschnittsadressaten unter «avis clients vĂ©rifiĂ©s» eine PrĂŒfung durch eine neutrale Stelle erwarten. Die Beschwerdegegnerin zeigt auch in diesem Zusammenhang nicht auf, wer die Kundenbewertungen verifiziert und wie diese Verifizierung erfolgt. Erfolgt nur eine interne PrĂŒfung, ist die Aussage «avis clients vĂ©rifiĂ©s» ebenfalls unrichtig und damit unlauter.
Fussnoten: |
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| 1 |
Die LeitsÀtze und die Sachverhaltsdarstellung sind nicht Bestandteil des offiziellen Entscheides; sie stammen vom Berichterstatter. |
| 2 |
Les principes gĂ©nĂ©raux et lâexposĂ© des faits ne font pas partie de lâarrĂȘt officiel, mais proviennent du rapporteur. |
Mischa Senn| 2025 Ausgabe 5