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Berichte / Rapports

LeitsĂ€tze​1:

SLK-GS B.15.1 und 15.2. Kommerzielle Kommunikation muss als solche erkennbar sein (E. 4). Umgekehrt ist ein Post eines Influencers dann eindeutig genug als private Kommunikation erkennbar, wenn dies aufgrund der Aufmachung und des Inhalts sowie der fehlenden Bezugnahme zu einem Produkt hervorgeht, selbst wenn im Hintergrund kommerzielle Elemente sichtbar sind (E. 6). Aufgrund der eindeutigen Erkennbarkeit als private Kommunikation bedarf es somit keiner weiteren Kennzeichnung (E. 7).

RĂšgles CSL B.15.1 et 15.2. La communication commerciale doit ĂȘtre identifiable en tant que telle (consid. 4). À l’inverse, la publication d’un influenceur est identifiable de maniĂšre suffisamment claire en tant que communication privĂ©e dĂšs lors que cela ressort de la prĂ©sentation, du contenu et de l’absence de rĂ©fĂ©rence Ă  un produit, et ce, mĂȘme si des Ă©lĂ©ments de nature commerciale sont visibles en arriĂšre-plan (consid. 6). Le cas de communication privĂ©e Ă©tant identifiable sans ambiguĂŻtĂ©, une identification supplĂ©mentaire n’est pas nĂ©cessaire (consid. 7).

Sachverhalt:

Die Stiftung fĂŒr Konsumentenschutz (BeschwerdefĂŒhrerin​2) reichte weitere, gegen verschiedene öffentlich bekannte Personen Beschwerden ein​3. Im vorliegenden Fall ging es um einen Post des Influencers MĂ€der auf der Plattform Instagram. Auf diesem ist er selbst im Vordergrund auf einer belebten Einkaufsstrasse zu sehen, im Hintergrund ist die Fassade eines ModegeschĂ€ftes sichtbar.

ErwÀgungen der Kammer:

1. Die BeschwerdefĂŒhrerin beanstandet einen Instagram-Post des Beschwerdegegners, in welchem er vor einer Filiale einer Textilhandelskette in New York posiere. Das Logo des fraglichen Unternehmens sei klar erkennbar. Ein Hinweis auf bezahlte Werbung fehle.

2. Der Beschwerdegegner macht geltend, dass er den Hintergrund rein aus eigenem Gefallen gewĂ€hlt habe. DarĂŒber hinaus habe er das fragliche Foto entfernt.

3. Die Erste Kammer der Lauterkeitskommission hat in Beschwerdeverfahren Nr. 154/19 und 159/19 in einem eingehend begrĂŒndeten Leitentscheid vom 11. September 2019 grundlegende ErwĂ€gungen zum Thema des kommerziellen Charakters von Social-Media-Posts und deren allfĂ€lliger Kennzeichnung als kommerzielle Kommunikation getroffen. Gegen diesen Entscheid wurde Rekurs erhoben. Im Sinne der Verfahrensökonomie und zur Verhinderung sachlich widersprĂŒchlicher Entscheide wurde das vorliegende Verfahren daher bis zum Vorliegen des rechtskrĂ€ftigen Entscheides in Verfahren Nr. 154/19 und 159/19 sistiert.

4. Kommerzielle Kommunikation, gleichgĂŒltig in welcher Form sie erscheint oder welches Medium sie benutzt, ist unlauter, wenn sie nicht als solche eindeutig erkennbar und vom ĂŒbrigen Inhalt nicht klar getrennt ist (Grundsatz Nr. B.15 Abs. 1 der Lauterkeitskommission). Unter kommerzieller Kommunikation ist jede Massnahme zu verstehen, die eine gewisse Anzahl von Personen systematisch in ihrer Einstellung zu bestimmten Produkten oder GeschĂ€ftsverhĂ€ltnissen zum Hauptzweck des Abschlusses eines RechtsgeschĂ€ftes oder seiner Verhinderung beeinflusst, wozu grundsĂ€tzlich auch Sponsoringkommunikation zĂ€hlt (Grundsatz Nr. A.3 Abs. 1 und 2). GemĂ€ss Grundsatz Nr. B.15 Abs. 2 muss kommerzielle Kommunikation auch dann als solche eindeutig erkennbar sein, wenn eine Person ein Social-Media-Profil oder einen Social-Media-Account nutzt, um kommerzielle Kommunikation fĂŒr Dritte zu betreiben oder zu ermöglichen. Eine Kennzeichnung oder anderweitige Klarstellung ist somit dann erforderlich, wenn eine Kommunikation auf einem Social Media-Portal gerade nicht eindeutig als private MeinungsĂ€usserung oder als kommerzielle Kommunikation identifiziert werden kann. Es besteht keine allgemeine Kenn-|zeichnungspflicht fĂŒr kommerzielle Kommunikation zugunsten Dritter. Vielmehr wird unter WĂŒrdigung der konkreten UmstĂ€nde des Einzelfalles die eindeutige Erkennbarkeit des kommerziellen Charakters der Kommunikation verlangt.

5. FĂŒr die Beurteilung einer Massnahme der kommerziellen Kommunikation berĂŒcksichtigt die Lauterkeitskommission insbesondere das VerstĂ€ndnis der massgebenden Zielgruppe, den Gesamteindruck und den Charakter des Mediums (Grundsatz Nr. A.1 Abs. 3). Beim VerstĂ€ndnis der massgebenden Zielgruppe wird nach stĂ€ndiger Praxis der Lauterkeitskommission auf das VerstĂ€ndnis der durchschnittlich verstĂ€ndigen, durchschnittlich aufgeklĂ€rten und durchschnittlich informierten Mitglieder der adressierten Zielgruppe (sog. Durchschnittsadressaten) abgestellt (vgl. auch BGE 132 III 414 E.2.3.2; Mischa Senn, Neuer Grundsatz zum Geltungs- und Anwendungsbereich, in: sic! 2008, 591).

6. Beim beanstandeten Instagram-Post handelt es sich unzweifelhaft und klar erkennbar um eine private Kommunikation (vgl. dazu auch Mischa Senn, Influencer-Marketing und die Rechtswirklichkeit, in: Jusletter 16. Dezember 2019, N.10). Die Aufmachung und der Inhalt der Bild- und Textelemente (wie z. B. die unprofessionelle Bildaufnahme mit schlechter Belichtung und nur teilweise sichtbarem Screen im Hintergrund; die klare Erkennbarkeit als Touristenfoto; die fehlende ErwĂ€hnung/Bezugnahme im Text etc.) lassen den privaten Charakter des Posts fĂŒr die Durchschnittsadressaten klar erkennen. Zudem sind die AusfĂŒhrungen des Beschwerdegegners, wonach keine Kooperation mit der sichtbaren Marke besteht, glaubhaft.

7. Aufgrund der eindeutigen Erkennbarkeit als private Kommunikation bedarf es somit keiner weiteren Kennzeichnung oder Klarstellung. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Mitgeteilt von Mischa Senn,

Prof. Dr. iur., Fachexperte und

VizeprÀsident der SLK

Fussnoten:
1

Die LeitsÀtze und die Sachverhaltsdarstellung sind nicht Bestandteil des offiziellen Entscheides; sie stammen vom Berichterstatter.

Le chapeau et l’exposĂ© des faits ne font pas partie de la dĂ©cision officielle; ils sont le travail du chroniqueur judiciaire.

2

Da die BeschwerdefĂŒhrerin bereits bei Einreichung der Beschwerden sowie unmittelbar nach Eröffnung der Entscheide unter Nennung der Parteien an die Medien gelangte, werden hier ebenfalls die Namen wiedergegeben.

3

Die letzten zwei Entscheide der I. Kammer vom 11. September 2019 (SLKE «Federer» und «Tchoumi») wurden in sic! 2019, 716 und 720 publiziert; vgl. dazu die E. 3 im vorliegenden Entscheid.