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Berichte / Rapports

Tagungsbericht zum AIPPI SwissDay vom 14. Juni 2018

Severin Etzensperger*

Die diesjährige Generalversammlung der AIPPI Schweiz sowie der daran anschliessende SwissDay 2018 fanden am 14. Juni 2018 im Hotel St. Gotthard in Zürich statt. Der auf Englisch durchgeführte SwissDay widmete sich dem Thema «Blockchains and IP Rights» und stiess angesichts der Teilnehmerzahl offensichtlich auf reges Interesse. Nachdem insbesondere im vergangenen Jahr die Begriffe «Blockchains», «Smart Contracts», «Kryptowährungen» und «ICOs» Eingang in diverse juristische Abhandlungen und Veranstaltungen gefunden hatten, besteht offenbar noch immer ein grosser Informationsbedarf in diesem Bereich.

I. Einleitung

Die Tagung wurde von Prof. Dr. Daniel Kraus, Professor für Geistiges Eigentum und Innovationsrecht an der Universität Neuenburg sowie nebenamtlicher Richter am Bundespatentgericht, geleitet, der in seiner Einführung in das Thema sogleich von einer faszinierenden Technologie sprach, welche den Tagungsteilnehmern zumindest aus den Nachrichten mittlerweile allen bekannt sei. Kraus wies darauf hin, dass sich im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie und deren Anwendungen verschiedenste juristische Fragen stellen, etwa in den Bereichen des allgemeinen Vertragsrechts (Willensbildung ohne menschliche Beteiligung), des internationalen Privatrechts, des Datenschutzrechts, des Strafrechts und des Finanzmarktrechts. Im Zentrum der juristischen Auseinandersetzung mit der neuen Technologie würde jedoch das Immaterialgüterrecht stehen, und dabei stelle sich die Frage, ob die Blockchain-Technologie das Potenzial habe, im Immaterialgüterrecht grundlegende Veränderungen zu bewirken.

II. Blockchains, Krypto­währungen, Smart ­Contracts und ICOs – eine Einführung für Juristen

Bevor sich die Referenten und Tagungsteilnehmer mit den immaterialgüterrechtlichen Implikationen der neuen Technologie befassten, vermittelte Alexis Roussel in seinem Referat zunächst das diesbezügliche technologische Grundwissen. Roussel ist Mitgründer und CEO der Bity SA, welche eine Handelsplattform für Kryptowährungen betreibt.

Roussel ging zuerst auf den Begriff der Kryptowährungen ein und hob hervor, dass ein Verständnis der am Ursprung stehenden Kryptowährung «Bitcoin» essentiell sei, um sämtliche weiteren Entwicklungen zu verstehen. Um die Funktionsweise von Bitcoin zu erläutern, bediente sich der Referent der von Cayle Sharrock stammenden ­Definition anhand von vier Haupteigenschaften von Bitcoin: (i) Manipulationserkennung, (ii) Öffentlichkeit, (iii) ­digitale Signatur und (iv) Kostspieligkeit des Unterwanderns.

(i) Zur ersten Eigenschaft erläuterte der Referent, dass die dem Bitcoin zugrunde liegende Blockchain als digitales Logbuch zu verstehen sei, welches sämtliche vorgenommenen Transaktionen chronologisch erfasse, mittels kryptografischer Hashfunktion verschlüssle und in der Form von Blöcken aneinanderreihe. Dies sei entsprechend die Datenbank des Bitcoins. Durch die Verschlüsselung mittels Hashfunktion und der Referenz zum jeweils vorangehenden Block sei es nahezu unmöglich, einen Block in der Kette zu verändern, ohne dass dies von den Nutzern des Netzwerkes bemerkt werde, da man ansonsten alle nachfolgenden Blöcke ebenfalls anpassen müsste. Dies ermögliche die Erkennung einer Manipulation.

(ii) Im Folgenden erklärte der Referent, dass der Bitcoin auf einem «Peer-to-Peer» Netzwerk basiere und als de-zentrale Datenbank ohne zentrale Aufsicht auskomme. Das Bitcoin-Netzwerk stehe dabei grundsätzlich jeder Person offen und es verfüge jeder dem Netzwerk angeschlossene Computer über eine Kopie der Blockchain. Diese Öffentlichkeit sei zentral für das Konzept des Bitcoins. Eine private Blockchain, bei der diese Öffentlichkeit fehlt, erachtet Roussel als nutzlos.

(iii) Als dritte Eigenschaft nannte Roussel die digitale Signatur mittels privatem und öffentlichem Schlüssel, welche die Echtheit der Transaktionen auf der Blockchain sicherstelle. Auf eine Frage aus dem Publikum hin äusserte sich der Referent zur oftmals vorgebrachten Problematik des Verlustes des privaten Schlüssels oder dessen Diebstahls durch Dritte und verdeutlichte die Konsequenzen des Verlustes mit dem Zitat «If you don’t owe the key, you don’t owe the asset». Dieser problematische Aspekt hängt insbesondere mit dem Fehlen einer zentralen Aufsicht bei öffentlichen Blockchains zusammen. Darauf ging der Referent jedoch nicht weiter ein.

(iv) Als letzte Eigenschaft erläuterte Roussel noch das dem Bitcoin zugrunde liegende «Proof-of-Work»-Prinzip, welches dazu führe, dass eine Manipulation der Bitcoin-Blockchain eine Rechenleistung erfordere, welche mit der Rechenleistung des gesamten restlichen Netzwerks mithalten könne, weshalb eine Manipulation extrem kostspielig und dadurch nahezu unmöglich sei. Der Referent ging durchaus auch auf die damit einhergehende Problematik des immensen Energieverbrauchs von Blockchain-basierten Anwendungen ein. Er verwies jedoch darauf, dass in Zukunft entsprechende Anwendungen vermehrt auf dem alternativen «Proof-of-Stake»-Prinzip aufbauen würden, welches keinen entsprechenden Energieverbrauch aufweise.

Anschliessend streifte Roussel noch einige weitere mit der Blockchain-Technologie verbundene Themen, namentlich den Open-Source-Charakter des Bitcoins, dessen intrinsischen Wert sowie die FINMA-Wegleitung zu ICOs, welche erstmals Definitionen zu Kryptowährungen enthalte. Erwähnenswert ist insbesondere auch die vom Referenten geäusserte Ansicht, wonach mit den Kryptowährungen eine neue Finanzinfrastruktur zur Verfügung stehe, welche im Gegensatz zu den bestehenden In­frastrukturen auf dem Konsens der daran Beteiligten beruhe und vielleicht unser Finanzsystem nachhaltig verändern könne.

Der Referent bot insgesamt eine interessante Einführung in die Thematik und hob dabei die positiven Aspekte der neuen Technologie und deren Potenzial zu weitreichenden Veränderungen hervor. Die kritischen Gesichtspunkte wurden jedoch etwas vernachlässigt.

III. Das Zusammenspiel ­zwischen Urheberrechten und der Blockchain-­Technologie

Ruben Hoffmann, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz in Köln, er­öffnete die juristische Diskussion mit seinem Referat zum Einfluss der Blockchain-Technologie auf das Urheberrecht. Er wies jedoch gleich zu Beginn darauf hin, dass sein Referat angesichts der vielen ungeklärten Gesichtspunkte wohl mehr Fragen aufwerfen als Antworten liefern werde.

Der Referent erläuterte eingangs das Konzept einer «Urheberrechts-Blockchain», auf welcher urheberrechtlich geschützte Werke gespeichert und vertrieben werden können. Entsprechende Anwendungen würden sich für sämtliche digitalen Inhalte eignen, wie beispielsweise für Musikstücke, Filme oder Bilder. Erste kommerzielle An­bieter wie namentlich Ujo, Blokur, ­Mycelia, KodakOne oder PeerTracks seien bereits auf dem Markt tätig. Hoffmann wies jedoch darauf hin, dass sich deren Produkte noch in der Aufbauphase befinden.

Die Funktionsweise dieser Urheberrechts-Blockchains erklärte der Referent am Beispiel einer Blockchain für Musikstücke. Der Interpret könne sein Musikstück auf der Blockchain registrieren und dabei einen Smart Contract für dessen Lizenzierung definieren. Der Interpret könne somit selber bestimmen, was für Lizenzen er für sein Musikstück vorsehen möchte. Die Nutzer der Blockchain können dann das Musikstück zu den im Smart Contract ­definierten Bedingungen lizenzieren, wobei die Berechnung der Gebühr und deren Bezahlung (mittels Kryptowährung) automatisiert über die Blockchain ablaufe und gespeichert werde.

Aus dem Publikum kam zu diesem Zeitpunkt bereits die Frage nach den Vorteilen gegenüber herkömmlichen Plattformen auf. Hoffmann erklärte, dass er darauf keine abschliessende Antwort geben könne. Gemeinhin werde jedoch als Vorteil genannt, dass die Interpreten den Smart Contract selbständig definieren könnten und dass keine Verwertungsgesellschaften sowie deren kompliziertes Vergütungssystem involviert seien. Der Referent stellte ­jedoch sogleich klar, dass dies auch Nachteile beinhalte. So sei es für einen Interpreten aufgrund des fehlenden Know-hows schwierig, einen für ihn vorteilhaften Smart Contract zu definieren, der sämtliche möglichen Verwendungen seines Werkes berücksichtigt. Zudem würden auch weitere Vorteile der Verwertungsgesellschaften verloren gehen, namentlich der Aufnahmezwang sämtlicher Interpreten sowie die fairen und gleichen Konditionen für alle Interpreten. Im Weiteren sei auch fraglich, ob sich die Anbieter dieser Urheberrechts-Blockchains ebenfalls für die Rechte der Interpreten und die Ein­haltung der Lizenzbedingungen durch die Nutzer einsetzen würden, wie dies Verwertungsgesellschaften tun.

Hofmann beleuchtete in seinem Referat noch weitere Problemfelder, wie etwa den steigenden Energie­verbrauch durch die Speicherung auf der Blockchain oder die Vereinbarkeit dieser Anwendungen mit nationalen Rechtsordnungen. Diesbezüglich wies er darauf hin, dass verschiedene rechtliche Verpflichtungen eingehalten werden müssen, falls die Anwendungen Endkonsumenten zur Verfügung ­stehen, und dies aufgrund der Anonymität der Nutzer zu Schwierigkeiten führen könne. Ebenfalls ergäben sich Probleme mit der Rückabwicklung nichtiger Transaktionen auf der (unveränderlichen) Blockchain sowie mit der Durchsetzung gerichtlicher Anordnungen. Abschliessend stellte er noch fest, dass nicht ersichtlich sei, wie man garantieren wolle, dass derjenige Nutzer, welcher das Werk auf der Blockchain registriert, auch tatsächlich der Rechte­inhaber am Werk ist.

Das Referat von Hofmann zeigte eine interessante Anwendungsmöglichkeit der Blockchain-Technologie für urheberrechtlich geschützte Werke, wobei in der Tat mehr Problemfelder aufgezeigt wurden als Vorteile dieser Anwendung gegenüber herkömmlichen Lösungen.

IV. Das Zusammenspiel ­zwischen Patenten und der Blockchain-Technologie

Stefano Sinigaglia, Schweizer und Europäischer Patentanwalt in Lugano, fokussierte in seinem Referat auf die Fragestellung, ob Blockchain-basierte Anwendungen patentiert werden können.

Der Referent ging zunächst auf die Patentierbarkeit gemäss Art. 52 ff. des Europäischen Patentübereinkommens («EPÜ») ein und analysierte die ein­zelnen Erteilungsvoraussetzungen im Hinblick auf Blockchain-basierte Er­findungen. Die erste Voraussetzung, wonach es sich um eine Erfindung auf dem Gebiet der Technik handeln müsse, sei grundsätzlich erfüllt, da eine Blockchain über verschiedene technologische Eigenschaften verfüge.

Die Voraussetzung der Neuheit könne indes bereits zu ersten Problemen führen. Im Bereich der Blockchain-Technologie verfüge man über eine ­grosse Menge an zum Stand der Technik gehörendem vorbekanntem Wissen. Bereits eine einfache Google-Suche nach dem Begriff «Blockchain» ergebe 30 Mio. Treffer. Es sei jedoch durchaus möglich, auch noch neue Erfindungen auf diesem Gebiet zu machen.

Sinigaglia hob hervor, dass für die Patentierbarkeit insbesondere auch eine erfinderische Tätigkeit vorliegen müsse. Diesbezüglich verwies der Referent auf die Richtlinie für die Prüfung im Europäischen Patentamt, welche festhalte, dass das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nach Art. 56 EPÜ eine nicht naheliegende technische Lösung einer technischen Aufgabe verlange. Merkmale, die nicht ein tech­nisches Problem lösen und auch nicht zum technischen Charakter der Erfindung beitragen, können bei der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden. Sinigaglia erachtet dies als eine Haupthürde für die Patentierbarkeit von Blockchain-basierten Erfindungen, da die zusätzlichen, neuen Merkmale zur bereits bekannten Blockchain-Technologie oftmals keinen technischen Charakter aufweisen würden.

Der Referent betonte, dass die Hürden für die Patentierbarkeit von Blockchain-basierten Erfindungen weltweit nicht gleich ausgestaltet seien, und zeigte an dieser Stelle einige interessante Statistiken. So fänden sich in der Datenbank des Patent- und Markenamtes der Vereinigten Staaten zu den Suchbegriffen «Blockchain», «Bitcoin» und «Ledger» über 400 Anmeldungen. Dieselben Suchkriterien würden in der ­Datenbank des Europäischen Patentamtes hingegen lediglich rund 30 Treffer ergeben. Als Hauptgrund für die weitaus tiefere Zahl in Europa erachtet der Referent die strengeren Voraussetzungen der Patentierbarkeit.

Im Folgenden zeigte Sinigaglia anschaulich die Problematik der Voraussetzung der erfinderischen Tätigkeit an zwei Beispielen europäischer Patent­anmeldungen. Beim ersten Beispiel (EP3073670), bei dem es sich um die Anmeldung einer Blockchain-basierten Erfindung zur Identifizierung der Absender und Empfänger der Transak­tionen bei Kryptowährungen handelt, kam der internationale Recherchebericht zum Schluss, dass nicht eine ­Lösung technischer Natur, sondern eher administrativer Natur vorliege. Beim zweiten Beispiel (EP3257191), bei dem es sich um eine Erfindung zur Interpretierung des Status von Smart Contracts auf der Blockchain handelt, wurde die erfinderische Tätigkeit hingegen bejaht und das Patent erteilt.

Abschliessend ging der Referent noch auf die Patentierbarkeit von Blockchain-basierten Erfindungen unter schweizerischem Recht ein. Diesbezüglich hob er insbesondere die Bedeutung von Art. 59 Abs. 4 des Patentgesetzes hervor, aufgrund dessen das IGE im Schweizer Prüfungsverfahren zur Patenterteilung nicht prüft, ob die Er­findung neu ist und sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Dementsprechend sei ein Patent in der Schweiz einfacher zu erhalten. Dennoch finden sich in der Datenbank des IGE noch keine erteilten Patente bzw. Anmeldungen aus dem Bereich der Blockchain-Technologie. Zusammenfassend hielt der Referent fest, dass sich Europa insgesamt langsam entwickle im Bereich der Patente für Blockchain-basierte Anwendungen, sich Unternehmen aber eine zeitnahe Anmeldung überlegen sollten.

V. Anwendung der Blockchain-Technologie im Bereich der Immaterialgüterrechte

Als Letztes referierten Marco Barulli, Mitgründer und CEO der Bernstein Technologies GmbH («Bernstein»), ­sowie Maria Maina, Schweizer und ­europäische Patentanwältin in Neuenburg, zur von Bernstein angebotenen Blockchain-basierten Anwendung.

Barulli ging zunächst auf das unterschiedliche Konzept einer privaten und öffentlichen Blockchain ein und verglich die öffentliche Blockchain mit einem öffentlichen Register, welches über einzigartige Merkmale verfüge. Bernstein beabsichtige mit ihrem Produkt die Eigenschaft der öffentlichen Blockchain als öffentliches Register zur Sicherung von immaterialgüterrecht­lichen Ansprüchen zu nutzen.

Der Referent betonte, dass es im Bereich der Immaterialgüterrechte ­oftmals essentiell sei, nachweisen zu können, dass man zu einem bestimmten Zeitpunkt im Besitz gewisser Unter­lagen war. Bernsteins Blockchain-­basierte Anwendung erlaube den Nutzern, Dateien auf einer Blockchain zu registrieren. Die Datei selbst werde nicht auf der Blockchain gespeichert, lediglich deren Registrierung werde auf der Blockchain mittels eines elektronischen Fingerabdrucks (Hash) vermerkt und mit einem Zeitstempel versehen. Dies erlaube das Ausstellen eines Zertifikats, welches die Registrierung dieser Datei zu diesem bestimmten Zeitpunkt bescheinige. Eine nachträgliche Ver­änderung der Datei würde dazu führen, dass der generierte Hash nicht mit demjenigen auf dem Zertifikat übereinstimme. Einzig wenn die Datei unverändert bleibe, ermögliche die An­wendung den Nachweis, dass dieselbe Datei zum Zeitpunkt, welcher auf dem Zertifikat angegeben wird, registriert wurde. Die Datei sei somit mit einem unveränderlichen Zeitstempel versehen.

Maina, deren Kanzlei das Produkt von Bernstein für ihre Klienten verwendet, betonte zunächst noch einmal die Bedeutung des Zeitstempels im Bereich des Immaterialgüterrechts, wie beispielsweise bei Patenten (Dokumentation des Stands der Technik), Urheberrechten (Zeitpunkt der Schaffung des Werkes), Marken (Gebrauch der Marke) oder Geheimhaltungsvereinbarungen. Die Referentin erläuterte danach, dass das Produkt von Bernstein den Nutzern ermögliche, in einem Gerichtsverfahren zu beweisen, dass eine Datei zu einem bestimmten Zeitpunkt auf der Blockchain registriert wurde und sich in unveränderter Weise bereits damals im Besitz der Partei befunden hatte.

Die derzeit vorwiegend verwendete Alternative dazu sei eine notarielle Beurkundung. Diese habe durchaus Vor-, aber auch Nachteile im Vergleich zur Blockchain-basierten Alternative. Als Hauptvorteile der notariellen Be­urkundung nannte die Referentin die Sicherheit, dass ein Gericht diese als Beweis anerkennen werde. Andererseits sei der Vorgang der öffentlichen Beurkundung umständlich und nicht geeignet für grosse Datenmengen bzw. die tägliche Anwendung. Dies sei der grosse Vorteil der Bernstein-Blockchain, welche einfach zu nutzen sei, grosse Datenmengen verarbeiten könne und nur tiefe Kosten verursache. Die Referentin beteuerte, dass eine Kombination der ­beiden Alternativen empfehlenswert sei und zumindest für sehr wichtige ­Dokumente eine notarielle Beurkundung weiterhin vorgenommen werden sollte.

Das Referat führte zu diversen Fragen aus dem Publikum. So erkundigte sich ein Tagungsteilnehmer etwa, ob denn ein Bernstein-Zertifikat bereits einmal in einem Gerichtsverfahren als Beweismittel zugelassen worden sei. Barulli erklärte, dass dies seines Wissens bislang noch nicht vorgekommen sei. Kraus leitete die Frage daher an die im Publikum anwesenden Richter weiter und erkundigte sich, ob diese ein solches Zertifikat in einem Verfahren akzeptieren würden. Diese erinnerten daran, dass in der Schweiz grundsätzlich eine freie Beweiswürdigung vorgenommen werde und es somit den Parteien freistünde, sich auf ein entsprechendes Zertifikat zu berufen. Es wäre an den Parteien, darzulegen, ob das Zertifikat und die diesem zugrunde liegende Technologie in der Tat den angestrebten Beweis erbringen können.

Ein weiterer Diskussionspunkt aus dem Publikum betraf wiederum die ­Problematik des Verlusts des privaten Schlüssels. Barulli bestätigte, dass die Verwahrung des privaten Schlüssels in der Verantwortung der Nutzer liege und bei dessen Verlust der Nachweis nicht mehr erbracht werden könne.

Die Referenten zeigten eine in­teressante Anwendungsmöglichkeit der Blockchain-Technologie in der Sicherung von Immaterialgüterrechten auf. Sie konnten dabei jedoch nicht sämt­liche Zweifel des Publikums ausräumen.

VI. Podiumsdiskussion

Die Tagung wurde mit einer Podiumsdiskussion der Referenten unter der Leitung von Kraus und mit einer Einführung durch Dr. Reinhard Oertli, Partner und Rechtsanwalt in Zürich, abgeschlossen. Unter Mitwirkung des Publikums wurde eine angeregte Diskussion geführt, in welcher nochmals das Potenzial, aber auch Befürchtungen gegenüber der Blockchain-Technologie angesprochen wurden.

Die Podiumsteilnehmer äusserten sich zu diversen technischen und juristischen Fragen sowie zu ganz grundsätzlichen Aspekten rund um die ­Blockchain-Technologie. Unter anderem widmete sich das Podium nochmals dem Thema der Patentierbarkeit von Blockchain-basierten Erfindungen. ­Dabei wurde die Frage aufgeworfen, ob Patente den ursprünglichen Open-Source-Charakter der Blockchain-Technologie gefährden. Sinigaglia hielt diesbezüglich fest, dass das Grundkonzept der Blockchain-Technologie nicht patentiert werden könne und lediglich technische Weiterentwicklungen einer Patentierung offenstünden. Er befürchte daher nicht, dass Patente dem Potenzial der Technologie abträglich wären.

Ebenfalls wurde die Frage aus dem Publikum diskutiert, inwiefern ein ­Patent überhaupt gegen ein Blockchain-Netzwerk durchgesetzt werden könne, bei dem eine zentrale Aufsicht fehle. Diesbezüglich wurde angeführt, dass teilweise Stiftungen oder andere Rechts­persönlichkeiten hinter diesen Netzwerken stünden und gegen diese vorgegangen werden könnte. Die Frage wurde jedoch nicht abschliessend beantwortet.

Im Weiteren stellte Kraus die Frage in die Runde, ob die Blockchain-Technologie herkömmliche immaterialgüterrechtliche Institute ablösen könnte. Hoffmann zog dies in Zweifel, da sich bei vielen Blockchain-basierten Anwendungen überhaupt die Frage stelle, ob diese einen kommerziellen Nutzen bringen. Und Barulli wies darauf hin, dass eine Blockchain nicht darauf ausgerichtet sei, grosse Datenmengen auf der Blockchain selbst zu speichern, was deren Anwendungsbereich teilweise eingrenze.

Die Podiumsdiskussion zeigte, dass das Potenzial und die Auswirkungen der Blockchain-Technologie im Bereich des Immaterialgüterrechts noch nicht abschliessend abgeschätzt werden können.

Fussnoten:
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MLaw, Rechtsanwalt, Zürich.