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Bericht über die INGRES-Tagung vom 24. November 2014
Das Institut für gewerblichen Rechtsschutz (INGRES) veranstaltete zusammen mit dem Schweizer Verband der Richter in Handelssachen die diesjährige Tagung über prozessrechtliche Themen des Immaterialgüterrechts. Die Tagung fand im Kursaal in Bern statt und stand unter dem Titel «Schnittstellen zwischen Zivil- und Verwaltungsverfahren». Als Tagungsleiter fungierte Herr Dr. Michael Ritscher, LLM, verantwortlich für die Organisation zeigte sich Herr Dr. Christoph Gasser, LLM.
In Rahmen seiner Einleitung wies Ritscher auf die generelle Zuordnungsproblematik der Immaterialgüterrechte zwischen Privat- und öffentlichem Recht hin und zeigte auf, welche Institutionen sich in ihrer täglichen Praxis mit den Schnittstellen zwischen Zivil- und Verwaltungsrecht zu befassen haben. Zahlreiche der aufgezeigten Institutionen waren durch einen Referenten vertreten, welche sodann im Rahmen ihres Vortrages ihre spezifische Sichtweise zu dieser Thematik näher zu beleuchten vermochten.
Frau Prof. Dr. Isabelle Häner von der Universität Zürich behandelte die Relevanz des Verwaltungsverfahrens für die Immaterialgüterrechte und griff zur Veranschaulichung zwei spezielle, immaterialgüterrechtliche Verfahren heraus, in denen das Verwaltungsverfahrensrecht von Bedeutung ist. Einerseits das Eintragungsverfahren vor der jeweiligen Registerbehörde, auf welchem zugleich der Schwerpunkt des Referats lag, und andererseits das Verfahren bei Hilfeleistung durch die Zollverwaltung.
Beim Eintragungsverfahren vor einer Registerbehörde findet das Verwaltungsgerichtsgesetz gemäss Art. 4 VwVG grundsätzlich Anwendung, jedoch enthalten die jeweiligen Schutzrechtsgesetze zahlreiche verfahrensrechtliche Sonderbestimmungen. Namentlich umschreiben sie detailliert die einschlägigen formellen Anforderungen an Eintragungsgesuche. Das formelle Eintragungsverfahren ist von einigen verwaltungsrechtlichen Besonderheiten geprägt. Die Mitwirkungspflichten der Parteien sind aufgrund der hohen Substanziierungslast relativ gross. Jedoch kann auch bei einer verpassten Frist ein Gesuch um Weiterbehandlung gestellt werden, und gemäss Art. 32 Abs. 2 VwVG gilt, dass verspätete Parteivorbringen dann zu berücksichtigen sind, wenn sie ausschlaggebend erscheinen. Die Kognitionsbefugnis der Registerbehörde bezieht sich aber nur auf die formellen Aspekte des Eintragungsgesuchs.
Die materielle Kontrolle der Registerbehörden fällt sehr beschränkt aus. Die Registerbehörden prüfen die Gesuche lediglich auf die Einhaltung des anwendbaren Rechts, im Designrecht teilweise sogar lediglich auf das Vorliegen von Willkür.
Aufgrund der inhaltlich beschränkten Prüfungskognition und der Tatsache, dass Registerbehörden ein Recht auch dann einzutragen haben, wenn sie hinsichtlich deren Zulässigkeit Zweifel haben, ergibt sich, dass Gerichte in einem allfälligen Zivilverfahren an den Entscheid der Registerbehörden nicht gebunden sind.
Häner ging sodann auf das markenrechtliche Widerspruchsverfahren nach Art. 31 ff. MSchG sowie das patentrechtliche Einspruchsverfahren nach Art. 59c PatG ein. Das Widerspruchsverfahren zielt als markenrechtliche Spezialität auf den Widerruf von Eintragungsverfügungen. Vom allgemeinen Verwaltungsverfahren unterscheidet sich das Verfahren namentlich durch die geltende Verhandlungsmaxime, welche für die Parteien eine erhöhte Substanziierungslast und Beweispflicht mit sich bringt. Ganz anders sieht es demgegenüber mit der Drittbeteiligung im patentrechtlichen Einspruchsverfahren aus, welche ebenfalls den Widerruf einer Eintragung zum Ziel hat. Dieses Verfahren steht als Popularverfahren grundsätzlich der Allgemeinheit offen, d.h., alle natürlichen und juristischen Personen können die Beschwerde ergreifen, eine besondere Betroffenheit, wie von Art. 48 VwVG gefordert, ist hier nicht notwendig. Dennoch dient ein solcher Einspruch der Wahrung wesentlicher öffentlicher Interessen.
Als Fazit hielt Häner fest, dass den Registerbehörden in der Praxis die Hände stark gebunden sind und die Privatautonomie in der Rechtsdurchsetzung im Vordergrund steht. Deshalb sind die Zivilgerichte auch nicht an die Entscheide der Verwaltungsbehörden gebunden. Denkbar wäre eine solche Bindung nur dann, wenn die Registerbehörden über erweiterte Zuständigkeiten bei der materiellen Prüfung bei der Eintragung verfügen würden und in ihrer Beweiswürdigung nicht beschränkt wären. Die dadurch verursachte Intensivierung der staatlichen Kontrolle würde aber im Endeffekt mehr Bürokratie und Aufwand bedeuten.
Schliesslich warf die Referentin noch einen kurzen Blick auf die Hilfeleistungen von Zollbehörden, welche nur rudimentäre Verfahrensregeln kennen und bei denen das tatsächliche Handeln im Vordergrund steht. Die Thematik schnitt sie aber nur kurz an, weil sie im zweiten Block noch gesondert von den zuständigen Fachpersonen erläutert wurde.
Herr Markus Kaiser, LLM, behandelte in seinem Referat die Frage, ob unter geltendem Recht eine Möglichkeit für Dritte besteht, mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht – anstatt wie üblich auf dem zivilrechtlichen Weg – gegen eine ihrer Meinung nach gesetzeswidrige Registereintragung vorzugehen.
Das Thema hat nach einem kürzlich ergangenen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtes (BVGer vom 18. Februar 2014, sic! 2014, 538 ff., «Yacht Club St. Moritz») an Bedeutung gewonnen. Beschwerdegegnerin im genannten Entscheid war die Hinterlegerin der Marke «Yacht Club St. Moritz», deren Marke am 25. Oktober 2012 im Markenregister eingetragen wurde. Gegen diese Eintragung führte der Kur- und Verkehrsverein St. Moritz – selbst Inhaber von verschiedenen Marken mit dem Bestandteil «St. Moritz» – Beschwerde mit der Begründung, dass die Marke aufgrund des Vorliegens von absoluten Ausschlussgründen und der Verletzung von Namensrechten nicht hätte eingetragen werden dürfen. Zudem rügte er eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots i.S.v. Art. 8 BV, weil er selbst im Gegensatz zur Beschwerdegegnerin bei zahlreichen seiner Marken, die «St. Moritz» im Namen führen, eine Einschränkung auf Waren schweizerischer Herkunft habe hinnehmen müssen.
Das Bundesverwaltungsgericht behandelte zuerst die Frage, ob überhaupt ein zulässiges Anfechtungsobjekt, d.h. eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG, vorliegt. Es liess die Frage am Ende aber offen, hielt jedoch fest, dass das Vorliegen eines beschwerdefähigen Anfechtungsobjekts zumindest nicht verneint werden könne. Indessen lässt seine vorangegangene Auseinandersetzung mit den notwendigen Voraussetzungen der Verfügung kaum einen Zweifel am Verfügungscharakter des Entscheids offen.
Sodann beschäftigte sich das Gericht mit der Frage der Beschwerdelegitimation nach Art. 48 VwVG. Es verneinte in diesem Fall die materielle Beschwer des Beschwerdeführers, welche verlangt, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Verfügung besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern die Marke den Beschwerdeführer im Wettbewerb zu behindern vermöge. Jedoch wies es in Erwägung 2.2. darauf hin, dass eine materielle Beschwer grundsätzlich vorliegen könnte, wenn ein «Dritter ein Zeichen benutzt, dieses im Vertrauen auf die fehlende Markenfähigkeit nicht zur Eintragung anmeldet und ebendieses Zeichen zugunsten einer anderen Person trotz fehlender Markenfähigkeit als Marke eingetragen wird». Offen liess das Bundesverwaltungsgericht aber die wichtige Frage, wie sich das Vorliegen eines zivilrechtlichen Rechtsweges auf die verwaltungsrechtliche Beschwerdelegitimation auswirkt.
Diesbezüglich bleibt nach Ansicht des Referenten alles beim Alten, und es gilt für das Markenrecht nach wie vor die Rechtsprechung aus dem Jahr 1936, wonach ein auf privaten Interessen beruhender Löschungsanspruch weder vor dem IGE noch mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht werden könne. Dieser sei allein mit der Löschungsklage geltend zu machen (BGE 62 I 165 ff. E. 2). Das bedeutet, dass die zivilrechtliche Klage der Beschwerde vorgeht, wenn jene im konkreten Fall möglich ist.
Dasselbe gilt aus Sicht des Firmenrechts, wonach die Beschwerde nicht zulässig ist, wenn einem Beschwerdeführer der Weg des Zivilprozesses offensteht (BGE 101 Ib 212 ff. E. 1, kürzlich bestätigt in BGer vom 3. September 2014, 4A_306/2014). Für das Patentrecht hielt das Bundesgericht fest, dass Streitigkeiten über die Gültigkeit von Patenten vor den ordentlichen Zivilgerichten ausgetragen werden müssen (BGE 94 I 186 f.).
Im Hinblick auf das Markenrecht haben gemäss Kaiser weder die Revision des Markenschutzgesetzes von 1992 noch die Justizreform 2007 etwas an dieser Situation geändert. Die Markenrechtsrevision enthält in der Botschaft keine diesbezüglichen Hinweise, zudem änderte sich auch die Rechtslage mit Bezug auf die Beschwerdelegitimation, welche für die Frage von Bedeutung ist, nicht wesentlich. Weil die Justizreform nur den Anspruch auf einen Rechtsweg, nicht jedoch auf einen bestimmten Rechtsweg statuiert, ist die geltende Rechtslage auch mit der Rechtsweggarantie von Art. 29a BV vereinbar.
Am Ende des Referats stellte Kaiser sodann die sich aus seiner Perspektive ergebenden Vor- und Nachteile einer verwaltungsrechtlichen Drittbeschwerde im markenrechtlichen Verfahren gegenüber. Vorteilhaft wäre aus seiner Sicht, dass das Bundesverwaltungsgericht diejenige Behörde ist, welche am meisten Erfahrung mit der Problematik der absoluten Ausschlussgründe hat und deshalb zu deren Beurteilung das fachkompetenteste Gericht wäre. In diesem Bereich würde dadurch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung vereinfacht. Möglicherweise liessen sich dadurch auch die Verfahrenskosten verringern.
Der grösste Nachteil wäre gemäss Kaiser aber die drohende Doppelspurigkeit. Ein verwaltungsrechtliches Verfahren endet im Ernstfall vor Bundesgericht. In diesem Zusammenhang würde sich die Frage stellen, inwieweit ein Entscheid des Bundes- oder des Bundesverwaltungsgerichts für den Zivilrichter in einem nachgehenden Verfahren verbindlich wäre. Die Bedeutung der Zivilgerichte bliebe bei der Zulässigkeit der Drittbeschwerde gross, denn auch nach Ablauf der dreissigtägigen, verwaltungsrechtlichen Beschwerdefrist hätte für Drittbetroffene eine Löschungsmöglichkeit zu bestehen. Diese müsste über die Zivilgerichte im Rahmen eines Löschungsprozesses oder eines Verletzerprozesses bei entsprechenden Widerklagen und Einwendungen beurteilt werden.
Kaiser äusserte sich in seinem Schlussfazit sodann auch zwiespältig darüber, ob eine Änderung der Rechtsprechung der Gerichte in diesem Punkt wünschenswert wäre. Aus Sicht der Rechtssuchenden wäre eine solche wohl positiv zu beurteilen. Auch wies er darauf hin, dass sich seit dem Entstehen der Praxis bei den Verwaltungsgerichten einiges geändert hat. Sie sind heute viel professioneller organsiert, und der Einbezug von Dritten in Verfahren ist längst Usus geworden, weshalb ihnen die Behandlung einer solchen Drittbeschwerde eher zuzutrauen wäre, als dies vor einigen Jahren der Fall war.
Das Referat über die Zollhilfemassnahmen im Immaterialgüterrecht wurde gemeinsam von Frau Karin Märki und Herr Jörg Haudenschild von der Eidgenössischen Zollverwaltung bestritten. In der Einleitung erläuterte Märki die verschiedenen Verfahren der Hilfeleistungen der Zollbehörden. Wenn ein Verdacht auf gefälschte Waren besteht, sind grundsätzlich zwei Verfahren denkbar: einerseits das Verfahren ohne Antrag auf Hilfeleistung des Rechtsinhabers, andererseits das Verfahren mit Antrag auf Hilfeleistung des Rechtsinhabers.
Ohne entsprechenden Antrag kann die Zollstelle möglicherweise gefälschte Waren bis zu drei Tagen zurückhalten. Sie versucht in diesem Fall, innert dieser Zeit den Rechteinhaber zu informieren, was in der Praxis bei schwer auffindbaren Rechteinhabern schwierig gestaltet. Wenn der Rechteinhaber jedoch kontaktiert werden konnte, hat er die Möglichkeit, Antrag auf Hilfeleistung zu stellen. Erfolgt kein Antrag, wird die Sendung vom Zoll freigegeben.
Häufiger ist das Verfahren mit Antrag des Rechteinhabers auf Hilfeleistung der Zollverwaltung. In diesem Fall wird eine Sendung am Zoll gestoppt, wenn Anhaltspunkte auf eine Schutzrechtsverletzung vorliegen. Damit die Sendung überhaupt aufgefunden wird, ist von Bedeutung, dass der antragstellende Rechteinhaber der Zollbehörde genügend Informationen zur Verfügung stellen kann, beispielsweise woher die Ware kommt oder wer der Empfänger ist. Nur so kann die verdächtige Ware überhaupt eruiert werden. Die Oberzollverwaltung entscheidet sodann ohne Anhörung der Gegenseite und endgültig über den Antrag. Einzig mögliches Rechtsmittel gegen den Entscheid ist die Aufsichtsbeschwerde, welche aber relativ selten ergriffen wird.
Wird die Sendung identifiziert, kann die Zollstelle diese bis zu zehn Tage zurückhalten, wobei diese Frist in begründeten Fällen um weitere zehn Tage verlängerbar ist. Sie informiert den antragstellenden Rechteinhaber, der hernach innert dieser Frist tätig werden muss. Entweder kommt es zu einem Vergleich mit dem Empfänger oder aber, wenn dieser die Vernichtung nicht ausdrücklich ablehnt, wird die Sache vernichtet. Dies geschieht bei einem Grossteil der Fälle, namentlich bei Kleinsendungen aus dem Internet, bei denen sich der Empfänger nicht meldet. Ansonsten hat der Antragsteller innert der zehn- bzw. zwanzigtägigen Frist vom Gericht vorsorgliche Massnahmen bewilligt zu bekommen. Wenn er dies nicht schafft, gibt die Zollstelle die Sendung frei.
Haudenschild erläuterte sodann die verfahrensrechtliche Seite des Zollveranlageverfahrens. Auf dieses findet das Verwaltungsverfahrensgesetz gemäss Art. 2 lit. e VwVG grundsätzlich keine Anwendung. Aus diesem Grund müssen allfällige vorsorgliche Massnahmen zwingend innert der zehn- bzw. zwanzigtätigen Frist erwirkt werden; die Zollverwaltung vermag die Frist nicht weiter zu verlängern. Auch ist eine allfällige Akteneinsicht mangels Anwendbarkeit des VwVG auf dem zivilrechtlichen Weg geltend zu machen. Im Hinblick auf eine mögliche Einflussnahme des Zivilrichters auf am Zoll zurückbehaltene Waren erläuterte der Referent die folgenden Prinzipien: Grundsätzlich vermag der Zivilrichter die Zurückhaltung gemäss Art. 72 Abs. 2 MSchG als vorsorgliche Massnahme anzuordnen. Diese Massnahme ersetzt und überdauert sodann die zollrechtliche Zurückhaltung. Bei einer Ablehnung der vorsorglichen Massnahme kann der Zivilrichter die Frist aber nicht kürzen. Es ist alleine in der Kompetenz der Zollbehörde zu entscheiden, ob die Frist zehn Tage dauert oder auf zwanzig verlängert wird.
Abschliessend gab Haudenschild noch einige praktische Hinweise im Hinblick auf die Ausgestaltung von richterlichen Anordnungen oder Verfügungen von Strafverfolgungsbehörden. Häufig enthalten diese nämlich Anordnungen, ohne genau zu regeln, wer die Kosten für die angeordneten Massnahmen tragen soll. Aus diesem Grund sollte das Dispositiv immer auch Regelungen enthalten, wer die Organisation bzw. die Kostentragung für eine allfällige Vernichtung übernimmt oder wer allfällige Lagergebühren zu bezahlen hat.
Der zweite Teil des Nachmittags stand im Zeichen der von den Schnittstellen betroffenen Gerichte. Den Beginn machte Herr Dr. iur. Philipp Dannacher, ehemaliger Gerichtsschreiber am Bundesverwaltungsgericht und heute bei der Eidgenössischen Schiedskommission tätig. Der Referent wies gleich zu Beginn darauf hin, dass sein Referat keineswegs dazu ausreiche, alle Schnittstellen abzubilden, sondern er bloss einen begrenzten Abriss der gesamten Thematik geben könne.
Einleitend machte Dannacher einige allgemeine Bemerkungen zu den Unterschieden und den Schnittstellen von Zivil- und Verwaltungsrecht, welche vor allem durch die Anwendbarkeit des VwVG und die Bindung an die Grundrechte in Erscheinung treten. Verwaltungsrechtliche Verfahren gelten als rascher, einfacher und preisgünstiger; sie sind für gewöhnlich aktendominierter als Zivilverfahren.
Als Erstes ging der Referent auf die Registerrechte ein, namentlich das Markenrecht. Während das Verfahren betreffend die Registrierung über das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht abläuft, sind für Verletzungs- und Bestandesklagen die kantonalen Zivil- und Handelsgerichte zuständig. Das Bundesgericht, bei dem am Ende alles zusammenläuft, hat in diesem System deshalb eine wichtige Funktion. Ungeklärt bis heute ist die Rechtsnatur des Markenregistrierungsverfahrens. Während ein Teil der Lehre von einer Art freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeht, spricht sich der andere Teil für ein Verwaltungsverfahren aus. Auch darüber, ob es sich bei der Markenregistierung um eine Verfügung, einen Realakt oder eine Allgemeinverfügung handelt, ist sich die Lehre bislang uneins.
Auch das Konglomerat anwendbarer Normen ist uneinheitlich und hilft für die Klassifizierung nicht weiter. Zuständig für die Registrierung ist das IGE als öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die Grundprinzipien des Verwaltungsrechts, d.h. die Grundsätze der Gesetzesmässigkeit, der Rechtsgleichheit, des öffentlichen Interesses, der Verhältnismässigkeit und von Treu und Glauben sind zu beachten. Das VwVG ist grundsätzlich anwendbar und auch für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht relevant. Darüber hinaus gelten einige besondere markenrechtliche Verfahrensbestimmungen (Art. 28 ff. MSchG, Art. 8 ff. MSchV). Zu beachten ist, dass jedoch für die Zustellung von Schriftstücken ins Ausland das Haager Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Zivil- und Handelssachen Anwendung findet, was für Verwaltungsgerichte eigentlich untypisch ist. Zudem geht der Weg ans Bundesgericht über die Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG).
Aus der Beschwerdelegitimation Dritter lassen sich für die Qualifikation keine Schlüsse ziehen, denn auch die freiwillige Gerichtsbarkeit lässt sich eine Drittbeschwerde zu.
Das Widerspruchsverfahren ist ein Verfahren sui generis. Die Tatsache, dass es vorwiegend der Durchsetzung privater Interessen dient, rückt es in die Nähe des Zivilprozesses. Es handelt sich aber eigentlich um ein Registerbereinigungsverfahren und nicht primär um ein Verletzungsverfahren. Die Zivilgerichte sind durch die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts über die Verwechslungsgefahr nicht gebunden. Ungeklärt ist die Frage nach der Geltung der Verhandlungsmaxime, tendenziell wird diese aber bejaht. Doch selbst bei der Geltung der Verhandlungsmaxime besteht eine richterliche Fragepflicht. Zudem kann das Gericht über die Parteibegehren hinausgehen. Als Fazit hielt der Referent fest, dass es sich beim Markenverfahrensrecht weniger um eine Schnittstellenproblematik handelt, sondern vielmehr um ein eigenes Verfahrensrecht – eine Ansicht, welche in Deutschland und auch in der Schweiz bereits von einigen Autoren unterstützt wird.
Im zweiten Teil seines Referats wandte sich Dannacher dem Urheberverwertungsrecht zu. In diesem Bereich amtet das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz gegen Entscheide der Eidgenössischen Schätzungskommission und des IGE. Die rechtskräftig genehmigten Tarife sind jedoch nach Art. 59 Abs. 3 URG für die Gerichte verbindlich. Im Verfahren betreffend Tarifkontrolle besteht die Besonderheit, dass gemäss Rechtsprechung in gewissen Fällen trotz Vorliegens eines zivilrechtlichen Weges auch eine Beschwerdemöglichkeit besteht (BGer vom 18. März 2009, 2C_658/2008, E. 2.2 f.). Demgegenüber sind im Verfahren betreffend die Anwendung von Verteilungsreglementen in erster Linie die Zivilgerichte zuständig, eine verwaltungsrechtliche Beschwerde wäre nur dann möglich, wenn ein genehmigtes Verteilungsreglement den gesetzlichen Vorgaben widerspricht.
Als Fazit seines Referats wies Dannacher nochmals auf die unterschiedlichen Aspekte des Verhältnisses von Zivil- und Verwaltungsprozessrecht bei den Registerrechten und beim Urheberverwertungsrecht hin. In diesen Bereichen gibt es eine Reihe offener Fragen, welche aus verschiedener Warte einer Lösung bedürften.
Die Sicht des Bundespatentgerichts wurde von Herr Dr. Tobias Bremi (zweiter hauptamtlicher Richter) und Frau Susanne Anderhalden (Gerichtsschreiberin) gemeinsam dargelegt. Bremi machte den Anfang und präsentierte drei Schnittstellen, mit denen das Bundespatentgericht in seiner täglichen Praxis konfrontiert ist. Er erläuterte das Verhältnis des Bundespatentgerichts zu den Erteilungsbehörden, zu den Zollbehörden und zu den Behörden, welche ihm Beihilfe zur Vollstreckung leisten.
Nachdem ein Patent erteilt worden ist, ist die Arbeit der Erteilungsbehörde noch nicht getan. Innerhalb von neun Monaten nach der Erteilung kann gegen das Patent beim IGE Einspruch eingelegt werden, selbiges ist auch beim Europäischen Patentamt möglich. In diesem Fall kann – solange der Einspruch behandelt wird – zu lange laufenden Parallelverfahren vor Zivil- und Verwaltungsbehörden kommen. Auf jeden Fall ist auch in der Schweiz eine allfällige europäische Patentschrift (B1 oder B2) Ausgangslage für das IGE und verbindlich. Möglich sind auch ein Teilverzicht beim IGE mit Bezug auf den schweizerischen Teil eines europäischen Patents sowie ein paralleles zentrales Beschränkungsverfahren beim EPA. Diese Verfahren gehen in der Regel schnell, sodass das Bundespatentgericht auf den Ausgang des Verfahrens wartet, bevor es sein eigenes Urteil fällt, um die Gefahr widersprüchlicher Urteile zu vermeiden. Der vom IGE und dem EP festgesetzte Schutzumfang ist in diesem Fall der Ausgangspunkt für das Urteil des Bundespatentgerichts. Nach neuster bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist indessen eine erst während des Beschwerdeverfahrens vor Bundesgericht publizierte Beschränkung von diesem nicht mehr zu berücksichtigen (BGer vom 2. Juni 2014, 4A_541/2013).
Demgegenüber dauert das Einspruchs- und vor allem ein mögliches, nachfolgendes Beschwerdeverfahren meist länger, und das Verfahren vor Bundespatentgericht wird nicht sistiert, obschon das Patentgesetz in Art. 128 PatG grundsätzlich die Möglichkeit der Sistierung vorsieht. Weil die Vorschrift aber als «Kann-Vorschrift» formuliert ist, geht die herrschende Lehre davon aus, dass die Sistierung nur die Ausnahme sein soll. In der Praxis wird beim Vorliegen einer Nichtigkeitsklage so vorgegangen, dass das Bundespatentgericht zuerst einen vollen doppelten Schriftwechsel inklusive Fachrichtervotums durchführt. Normalerweise wird der Fall vor einem allfälligen Entscheid nicht ausgesetzt, wenn das Bundespatentgericht von der Nichtigkeit des Patents ausgeht. Anders sieht die Situation aus, wenn es zwar auf Nichtigkeit tendiert und die Rechtslage aber unklar ist. Nicht ausgesetzt wird das Verfahren grundsätzlich auch, wenn eine Verletzungsklage mit blosser Nichtigkeitseinrede vorliegt. Im Falle einer Verletzungsklage mit einer Nichtigkeitswiderklage wird der Fall normalerweise nicht ausgesetzt, ausser das Gericht ist der Ansicht, das Patent sei nichtig. In diesem Fall erfolgt eine Einzelfallentscheidung, ob der Entscheid ausgesetzt wird oder nicht. In den übrigen Entscheiden – d.h. wenn das Gericht der Meinung ist, dass das Patent hält – fällt es selbst einen Entscheid. Problematisch wäre in diesem Fall, wenn das EPA das europäische Patent hernach widerruft oder anders beschränkt zulässt, als dies nach dem schweizerischen Urteil der Fall ist. Die Rechtslage ist in diesem Fall ungeklärt, wobei sich eine solche Konstellation bislang auch nicht ereignet hat.
Umgekehrt ist es beim Vorliegen einer Vindikationsklage. Hier wird das Verfahren beim EPA ausgesetzt. Dies geschieht jedoch nicht dadurch, dass das Bundespatentgericht das EPA zur Sistierung anweist, sondern erfolgt gestützt auf einen Aussetzungsantrag durch den Vindikationskläger selbst.
Den zweiten Teil des Referats bestritt Susanne Anderhalden. Die Referentin erläuterte das besondere Verhältnis zwischen dem Bundespatentgericht und dem IGE im Hinblick auf die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen. Anders als beim EPA erfolgt eine Verfügungsbeschränkung auf Anweisung des Bundespatentgerichts an das IGE. Das entsprechende Verfahren findet in der Regel ohne Anhörung der Gegenpartei auf dem superprovisorischen Weg statt, die Begründetheit der Klage muss durch den Kläger im Massnahmeverfahren nur glaubhaft gemacht werden.
Anderhalden ging sodann auf Schnittstellen zwischen dem Bundespatentgericht und der Zollverwaltung ein. Das Patentgesetz enthält in Art. 86a ff. PatG Regelungen zum Zurückhaltungsverfahren durch den Zoll. Bislang gab es einen einschlägigen Fall in diesem Zusammenhang, welcher sich um Drespirenon – einen Wirkstoff für Verhütungsmittel – drehte. Kurz vor Weihnachten 2012, am 19. Dezember, hielt der Zoll die betroffene Ware für die möglichen zehn Tage zurück. Das Massnahmegesuch wurde am 7. Januar 2013 eingereicht und ging am 9. Januar 2013 beim Bundespatentgericht ein, welches noch am selben Tag entschied und eine superprovisorische Verfügung erliess, wonach der Zoll die Ware weiter zurückhalten soll. Das Gericht setzte dem Beklagten eine kurze Frist zur Klageantwort und der Klägerin eine Frist für die Kostenbevorschussung. Noch Ende Januar konnte sodann die Hauptverhandlung stattfinden, und die vorsorglichen Massnahmen wurden mittels Urteil gutgeheissen. In diesem Zusammenhang wies auch Anderhalden nochmals darauf hin, dass es beim Zollverwaltungsmassnahmen zwingend ist, dass der Rechteinhaber innert der Zurückhaltungsfrist eine vorsorgliche Massnahme erwirkt und nicht bloss beantragt. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, so schnell als möglich bei einem Gericht superprovisorische Massnahmen zu beantragen.
Schliesslich behandelte die Referentin noch die Thematik des Bundespatentgerichts als Vollstreckungsbehörde. Nach Art. 26 Abs. 1 lit. c PatGG ist das Gericht zuständig für die Vollstreckung seiner in ausschliesslicher Zuständigkeit getroffenen Entscheide. Um die Vollstreckung zu beschleunigen, ordnet das Patentgericht in der Regel die Vollstreckungsmassnahmen auf dem Weg der direkten Vollstreckung nach Art. 337 ZPO direkt im Endentscheid (Art. 236 Abs. 3 ZPO) an, und gibt konkrete Vollstreckungsmassnahmen vor.
Die möglichen Vollstreckungsmassnahmen sind in Art. 343 ZPO abschliessend aufgezählt. Es sind dies die Strafandrohung, die Ordnungsbusse oder die Anordnung einer Zwangs- oder Ersatzmassnahme. Die Auswahl der konkreten Massnahme liegt im Ermessen des Gerichts, dieses hat den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten. Möglich ist es, mehrere Massnahmen miteinander zu verbinden. Die meisten Antragsteller beantragen eine Ordnungsbusse in Kombination mit einer Strafandrohung. Die effektive Vollstreckung wird aber meist nicht vom Gericht, sondern von einer mit der Vollstreckung betrauten Person durchgeführt, welche auf Anweisung des Gerichts handelt, z.B. im Kanton Zürich vom Gemeindeammannamt nach § 147 GOG ZH.
Den Schluss der Referate bildeten Vertreter der kantonalen Handelsgerichte, welche sich am meisten mit Immaterialgüterrechten zu beschäftigen haben. Herr Dr. Meinhard Vetter, LLM, Vizepräsident des Handelsgerichts des Kantons Aargau, stellte einige wichtige Schnittstellen aus Sicht seines Gerichts dar. Im Zusammenhang mit dem markenrechtlichen Eintragungsverfahren stellte sich ihm in seiner Praxis kürzlich die Frage, wie das Gericht auf Rechtsbegehren reagieren sollte, welche sich in laufende Eintragungsverfahren vor dem IGE beziehen. Dazu hielt Vetter fest, dass es in einem solchen Fall wohl am besten sei, das Gerichtsverfahren zu sistieren. Zudem äusserte er sich dahingehend, dass ein Rechtsbegehren, welches darauf lautet, dass das Zivilgericht dem IGE gewisse Anweisungen zu geben habe, wohl nicht zulässig wäre.
Sodann wies der Referent auf allfällige Schnittstellen zur Zollverwaltung hin und präsentierte dazu zwei Fälle aus der Praxis. Als Schlussfolgerung bemerkte Vetter, dass zwischen den Handelsgerichten und der Zollverwaltung keine Schnittstellenprobleme bestünden und die beiden Instanzen gut miteinander harmonierten. Er machte die Praktiker aber darauf aufmerksam, dass die Fristen der Zollverwaltung für die Antragsstellung eher knapp bemessen seien und deshalb die Anträge auf vorsorgliche Massnahmen sehr schnell eingereicht werden müssten. Er rät zudem dazu, in solchen Fällen das Handelsgericht vorab zu avisieren, damit es die notwendigen Ressourcen bereitstellen und dadurch sicherstellen kann, dass ein Entscheid innert Frist gefällt werden kann. Im Anschluss an dieses Kurzreferat folgte eine lebhafte Diskussion zwischen den anwesenden Handelsrichtern Vetter, Frau Danièle Wüthrich-Meyer (Handelsgericht Bern), Herr Rolf Brunner (Handelsgericht St. Gallen) und den Teilnehmern der Tagung, in deren Rahmen verschiedene praktische Fragen aufgeworfen wurden.
Diskutiert wurde beispielsweise die Frage, ob Zivilgerichte die zehn bzw. zwanzigtägige Frist verlängern oder verkürzen können, d.h. ob die Ware bei Ablehnung allfälliger vorsorglicher Massnahmen durch das Zivilgericht vorzeitig freigegeben werden kann. Man war sich weitgehend einig, dass Zivilgerichte den Zollbehörden keine Anweisungen erteilen können und die Ware deshalb für die vom Zoll vorgegebene Frist blockiert bleibt.
Sodann wurde die Frage nach der Beweiskraft von Parteigutachten aufgeworfen. Diese vermögen als Beweismittel dann eine erhöhte Wirkung zu haben, wenn sie beispielsweise von einer Verwaltungsbehörde wie dem IGE als glaubwürdig angesehen wurden, so z.B. wenn es um die Frage nach der Verkehrsdurchsetzung bei Patentverfahren oder um die technische Notwendigkeit bei Markenverfahren geht.
Auch das Thema, ob ein Zivilgericht dem IGE Anweisungen auf Löschung geben kann, wurde nochmals besprochen. Meist ist ein solches Rechtsbegehren nicht nötig, sondern das IGE nimmt die Löschung selbst vor, wenn ihm das Urteil mitgeteilt wurde. Anweisungen wären erst in einem allfälligen Vollstreckungsverfahren zu prüfen. Diese Mitteilungspraxis ist jedoch bislang nicht höchstrichterlich abgesegnet.
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Dr. iur., Rechtsanwältin, Zürich. |
