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Berichte / Rapports

Entscheid der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLKE)

vom 25. April 2018 (II. Kammer)

Sachverhalt​1:

Der Beschwerdeführer (Verband) reichte gegen zwei Beschwerdegegnerinnen (Medienhäuser) Beschwerde ein. Gegenstand war ein Video, in welchem eine Produktelinie eines Kosmetikunternehmens präsentiert wird. Es ist auf dem Zeitungsportal der einen Beschwerdegegnerin abrufbar​2. Nicht im Verfahren involviert war das Kosmetikunternehmen.

Die Kammer beanstandete insb. eine Verletzung des (lauterkeitsrechtlichen) Trennungsgebotes sowie einen unlauteren Vergleich, weshalb es den Beschwerdegegnerinnen empfahl, inskünftig auf die Veröffentlichung des Videos zu verzichten.

Erwägungen der II. Kammer:

1. Nach Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich beim beanstandeten Videobeitrag auf der Internetplattform der Beschwerdegegnerinnen um kommerzielle Kommunikation, welche die Vorgaben des Grundsatzes Nr. 3.12 der Lauterkeitskommission betreffend Erkennbarkeit von bezahlter Kommunikation nicht einhalte. Darüber hinaus würden hier «ökologische» Kosmetika irreführend im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und des Grundsatzes Nr. 3.5 der SLK beworben, indem eine Wissenschaftlichkeit behauptet werde, ohne im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch auf kontroverse Meinungen hinzuweisen. Soweit im Beitrag auf Testresultate hingewiesen werde, seien zudem die Vorgaben der Testrichtlinien der SLK verletzt. Zusammenfassend handle es sich um eine verschwommene, undifferenzierte Herabsetzung einer Produktegruppe, ohne Quellen- oder sonstige Angaben.

2. Die Beschwerdegegnerinnen beantragen, auf die Beschwerde nicht einzutreten resp. die Beschwerde vollständig abzuweisen. Sie machen geltend, dass es sich nicht um kommerzielle Kommunikation, sondern um eine politische Meinungsäusserung im Sinne von Grundsatz Nr. 1.4 der SLK handle. Der Beitrag habe auch nicht den Abschluss eines Rechtsgeschäfts zum Inhalt, weshalb es sich nicht um kommerzielle Kommunikation im Sinne des Grundsatzes Nr. 1.2 der SLK handle. Die Angabe «sponsorisé» sei klar und offensichtlich erkennbar. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei der Sponsoringgeber sogar dreifach angegeben. Eine Verletzung des Trennungsgebotes, auch desjenigen des Schweizer Presserates, sei nicht gegeben. Der beanstandete Videobeitrag beinhalte zudem keinerlei Herabsetzung gegenüber anderen Produktegruppen. Falls eine Herabsetzung dennoch bejaht würde, erreiche sie aber nicht die vom BGer verlangte Intensität. Die inhaltlichen Aussagen zu den ökologischen Kosmetika seien zudem auch durch die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anerkannte Meinungsäusserungsfreiheit abgedeckt. Im Weiteren erläutern die Beschwerdegegnerinnen die von ihnen behauptete Lauterkeit der Sachaussagen im beanstandeten Videobeitrag. Sie machen insbesondere geltend, dass der Beitrag auf einer anerkannten Studie der Union Française des Consommateurs beruhe.

3. Zunächst ist festzuhalten, dass es sich beim beanstandeten Videobeitrag um kommerzielle Kommunikation im Sinne des Grundsatzes Nr. 1.2 handelt. Wie die Beschwerdegegnerinnen selber ausführen, ist der Beitrag mit «sponsorisé» bezeichnet, weshalb auch von daher nicht von einer politischen Meinungsäusserung der Redaktion ausgegangen werden kann. Der kommerzielle Charakter ist umso offensichtlicher, als sich im Beitrag aufgrund der Einblendung «X produit des cosmétiques bio depuis un siècle» (Min. 1:35) erkennen lässt, dass es sich um verschleierte Werbung für die Marke X handelt. In diesem Sinne ist sogar die Bezeichnung «sponsorisé» unzutreffend und irreführend, da es sich nicht bloss um einen durch einen Sponsor finanziell unterstützten Beitrag handelt, sondern direkt um eine Werbebotschaft dieses Werbetreibenden.

4. Gemäss Grundsatz Nr. 3.12 Ziff. 1 muss kommerzielle Kommunikation, gleichgültig in welcher Form sie erscheint oder welchen Werbeträger sie benutzt, als solche eindeutig erkennbar und vom übrigen Inhalt klar getrennt sein. Wird sie in Werbeträgern veröffentlicht, die gleichzeitig Nachrichten und Meinungen publizieren, muss sie so gestaltet und gekennzeichnet sein, dass sie als bezahlte Einschaltung klar erkennbar ist.

5. Diese klare Erkennbarkeit ist vorliegend nicht gegeben. Es ist zwar, wie erwähnt, eine Angabe «sponsorisé» im Titel vorhanden, diese ist aber so platziert, dass die Durchschnittsadressaten sie nicht erkennen können, wenn sie sich das Video auf dem Bildschirm ansehen. Die Angabe muss nämlich weggescrollt werden, um das Video in seiner Gesamtheit sehen zu können. Im Video selbst ist weder am Anfang noch am Ende und auch nicht aufgrund des Gesamtaufbaus erkennbar, dass es sich um eine drittfinanzierte Kommunikation handelt. Die im Video gezeigten Informationen wirken objektiv und redaktionell aufbereitet. Gerade deshalb muss bei derartigen Darstellungen des Native Advertising ein besonderer Massstab zur Einhaltung der Gebote der Trennung und der Erkennbarkeit zur Anwendung kommen. Eine Nennung des Werbetreibenden «X» im Beitrag selber erfüllt diese Transparenzpflicht nicht, sondern verstärkt nur die Verschleierung der eigentlichen Natur des Spots.

6. Weiter muss der Inhalt von kommerzieller Kommunikation den Anforderungen der Lauterkeit entsprechen. Vergleicht ein Hersteller seine Produkte mit solchen anderer Hersteller, gilt als Massstab Art. 3 Abs. 1 lit. e UWG, wonach unlauter handelt, wer sich oder seine Waren in unrichtiger, irreführender, unnötig herabsetzender oder anlehnender Weise mit anderen und ihren Waren vergleicht. Dies ist vorliegend der Fall. Im Rahmen des Beitrages wird mithilfe von nicht weiter spezifizierten Pauschalbehauptungen, allgemeinen Verweisen auf (ausländische) Studien und provokativen Einzelaussagen der Eindruck gefördert, dass Produkte bzw. Produktegruppen von Konkurrenten gesundheits- und/oder umweltschädigend seien. Bei Aussagen mit derartigem Inhalt ist ein besonders strenger Massstab an das Wahrheits- und Klarheitsgebot des Lauterkeitsrechts anzusetzen. Die Beschwerdegegnerinnen vermögen in ihrer Eingabe diesem Massstab nicht nachzukommen. Ein Richtigkeitsbeweis der Aussagen liegt nicht vor. Wenn Beschwerdegegnerinnen argumentieren, die Aussagen seien von der Freiheit redaktioneller Arbeit und von der Meinungsäusserungsfreiheit abgedeckt und der pauschale Verweis auf eine ausländische Studie genüge, verkennen sie die Tatsache, dass für die Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation der Werbende die Beweislast für die Richtigkeit der Werbeaussagen trägt (Grundsatz Nr. 1.8 der Lauterkeitskommission i.V.m. Art. 13a UWG). Der Videobeitrag und der darin enthaltene Vergleich sind demzufolge täuschend und irreführend. Es kann daher offenbleiben, ob auch noch die Testrichtlinien verletzt wurden.

Mitgeteilt von Mischa Senn,

Prof. Dr. iur., Fachexperte und Vizepräsident SLK

Fussnoten:
1

Die Sachverhaltsdarstellung ist nicht Bestandteil des offiziellen Entscheides (sie wurde vom Berichterstatter hinzugefügt).

2

Das «video sponsorisée» mit dem Titel «Que contiennent les cosmétiques» war abrufbar unter <www.lematin.ch/economie/ecolo​gie/question-ecologie-contiennent-cosmeti​q​ues/story/31138967>.