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Berichte / Rapports

Entscheid der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLKE) vom 11. Mai 2016 (II. Kammer)

Aus dem Sachverhalt​1:

Eine Detailhändlerin bewarb eine ihrer Schokoladen in einem Werbespot mit der Aussage: «Die beliebteste Schokolade in der Schweiz». Gegen diese Aussage reichte ein Konsument Beschwerde ein.

Die II. Kammer der SLK wies die Beschwerde gemäss den nachfolgenden Erwägungen ab.

Aus den Erwägungen:

Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist die beanstandete Werbeaussage «Die beliebteste Schokolade der Schweiz» unlauter. Nach seiner Mutmassung stelle die Beschwerdegegnerin auf den Umstand ab, dass es sich um die meistverkaufte Schokolade in der Schweiz handle. Aus den Verkaufszahlen könne jedoch nicht automatisch geschlossen werden, dass die Mehrheit der Konsumentenschaft ihren Kaufentscheid zugunsten der Schokolade der Beschwerdegegnerin fälle, weil sie diese gegenüber allen anderen in der Schweiz angebotenen Schokoladeprodukten bevorzugen würde. Es sei denkbar, dass gewisse Käufer aus Gründen des Preises oder der Praktikabilität eher zu dieser als zu anderen Schokoladen greifen würden. Er würde die Formulierung «meistverkaufte Schokolade der Schweiz» hingegen als korrekt erachten.

Die Beschwerdegegnerin erläutert in ihrer Stellungnahme die nach ihrer Auffassung zulässige Verwendung des Superlativs «beliebteste» im beanstandeten Slogan. Sie beruft sich dabei unter anderem auf die Wortbedeutung gemäss Duden und interpretiert den Superlativ «die beliebteste» als «die meistgeschätzte» oder «die populärste», was keine objektiv messbare und damit keine beweisbare Sachbehauptung sei. Soweit eine Sachbehauptung bejaht werde, wäre das einzig die messbare Grösse des Marktanteils. Diesbezüglich sei die Aussage korrekt.

Durch einen Superlativ vergleicht sich ein Werbetreibender mit dem Angebot der gesamten Konkurrenz. Er unterliegt demnach den Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 1 lit. e des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), wonach vergleichende Werbeaussagen unter anderem nicht unrichtig oder irreführend sein dürfen (siehe auch BGE 132 III 414 ff. E. 4.2.2). Dies wird auch im Grundsatz Nr. 3.5 der Lauterkeitskommission festgehalten (vgl. dazu die Entscheide «Bester Empfang. Höchste Tonqualität» vom 9. Februar 2002 [sic! 2002, 393] und «Kein annähernd gleich gutes Preis-Leistungsverhältnis» vom 25. März 2003 [sic! 2003, 559]).

Diese Voraussetzung der Richtigkeit wird am Verständnis der angesprochenen Durchschnittsadressaten gemessen (Grundsatz Nr. 1.1 Ziff. 2 der Lauterkeitskommission). Wie die Durchschnittsadressaten eine Werbebotschaft verstehen, ist durch das Gericht im Rahmen der richterlichen Rechtsfindung als Rechtsfrage zu beurteilen und soll auf der allgemeinen Lebenserfahrung unter Einbezug der Umstände im Einzelfall basieren (BGE 132 III 414 ff. E. 2.3.2). In analoger Weise hat auch die Lauterkeitskommission das Verständnis der Durchschnittsadressaten zu beurteilen (vgl. M. Senn, Neuer Grundsatz zum Geltungs- und Anwendungsbereich, sic! 2008, 590).

Es ist mit der Beschwerdegegnerin von der zweifachen Bedeutung des Wortes «beliebt» auszugehen, wonach dieser Begriff gemäss Duden zum einen «allgemein geschätzt» und zum anderen «häufig verwendet» bedeuten kann, ihm somit gleichermassen ein qualitativer und quantitativer Aspekt zukommt. Die Beschwerdegegnerin verwendet «beliebteste» in quantitativer Hinsicht, was nach dem Wortsinn zulässig ist.

Der Superlativ «beliebteste» im Zusammenhang mit dem Alltagsprodukt Schokolade hat nur insofern einen zu beweisenden Sinngehalt, als damit beim Durchschnittsadressaten die Erwartung geweckt wird, dass das fragliche Produkt die meistverkaufte Schokolade ist. Entsprechend hat die Lauterkeitskommission auch die Aussage «Nr. 1» im Zusammenhang mit Mineralwasser als beweispflichtige Sachbehauptung betr. quantitative Marktführerschaft beurteilt (Entscheid des Plenums Nr. 150/07 vom 31. Oktober 2007). Darüber hinaus kann die Bezeichnung «beliebteste Schokolade» auch als Hinweis auf den Geschmack verstanden werden. Diesbezüglich liegt aber keine beweispflichtige Sachbehauptung vor, da der Geschmack von Schokolade eine subjektive Wahrnehmung ist.

Der Beschwerdeführer anerkennt in seiner Beschwerde, dass die beworbenen Schokoladeprodukte der Beschwerdegegnerin die meistverkauften in der Schweiz sind. Die Richtigkeit dieses Sachverhaltes ist damit nicht bestritten, womit die Beschwerde abzuweisen ist.

Mitgeteilt von Mischa Senn, Prof. Dr. iur., Fachexperte und Vizepräsident SLK

Fussnoten:
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Die Sachverhaltsdarstellung ist nicht Bestandteil des offiziellen Entscheides (sondern wurde vom Berichterstatter hinzugefügt).