Aus dem Institut | Nouvelles de l’Institut
Richtlinien in Markensachen des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum
Teilrevision per 1. März 2022

Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum hat seine Richtlinien in Markensachen teilweise revidiert. In der neuen Fassung sind alle seit dem Jahr 2019 in Kraft getretenen Praxisänderungen angeführt sowie die neue Praxis betreffend die geografische Einschränkung der Waren- und Dienstleistungsliste bei Marken mit einer Herkunftsangabe (vgl. dazu die nachfolgenden Erläuterungen).

Die neuen Richtlinien sind am 1. März 2022 in Kraft getreten und werden seit jenem Zeitpunkt auf alle hängigen Verfahren angewendet. Sie sind auf der Homepage des IGE abrufbar: ‹https://www.ige.ch/de/uebersicht-dienstleistungen/dokumente-und-links/marken›.

Revision von Teil 5 aufgrund der Praxislockerung betr. die geografische Einschränkung der Waren- und Dienstleistungsliste (WDL) bei Marken mit einer Herkunftsangabe

I. Ausgangslage

Die Einschränkungspraxis wurde vor längerer Zeit eingeführt, um das Verbot der Eintragung von irreführenden Marken im Bereich Herkunftsangaben umzusetzen. Soweit das Warenverzeichnis einer Marke mit einer Herkunftsangabe nicht auf die betroffene Herkunft eingeschränkt ist, weist das IGE das Eintragungsgesuch gestützt auf Art. 2 lit. c und Art. 47 ff. i.V.m. Art. 30 Abs. 2 lit. c MSchG zurück. Analoges gilt, wenn Dienstleistungen betroffen und die Voraussetzungen von Art. 49 MSchG nicht erfüllt sind.

Die geografische Einschränkung der WDL bei der Markeneintragung dient dazu, eine abstrakte Irreführungsgefahr zu unterbinden. Abstrakt ist die Gefahr insofern, als der konkrete Gebrauch der Marke im Rahmen der Registerprüfung durch das IGE nicht überprüft werden kann – zumal ein guter Teil der Marken im Zeitpunkt der Eintragung noch gar nicht gebraucht wird.

II. Verzicht auf die geografische Einschränkung bei einfachen Herkunftsangaben

Die Praxislockerung beruht auf dem Ansatz, dass eine Marke im Zeitpunkt ihrer Eintragung im Register nicht als irreführend bewertet wird, solange ihr korrekter Gebrauch im Verkehr möglich ist. Dies bedeutet, dass nicht länger auf eine abstrakte Irreführungsgefahr abgestellt wird.

Effektiv ist eine Herkunftsangabe nur/erst dann unzutreffend und somit irreführend im Sinne von Art. 47 Abs. 3 MSchG, wenn sie tatsächlich für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft verwendet wird – und nicht allein deshalb, weil sie im Register als Marke für Waren oder Dienstleistungen eingetragen ist, die allenfalls von einem anderen Ort stammen könnten.

Weiterhin verweigert wird die Markeneintragung all jenen Zeichen mit Herkunftsangaben, die offensichtlich irreführend sind (deren korrekter Gebrauch ausgeschlossen ist). Dies ist der Fall, wenn das Zeichen zwei widersprüchliche Herkunftsangaben enthält, oder wenn es für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft beansprucht wird. Diese Fälle treten in der Praxis nur äusserst selten auf. Bezüglich Dienstleistungen ist unerheblich, wo der Hinterleger im Zeitpunkt der Eintragung seinen Sitz hat. Auch wenn der Sitz nicht im betroffenen Land liegt, erfolgt keine Zurückweisung, da ein Gebrauch der Marke im Einklang mit der Regelung von Art. 49 MSchG nicht ausgeschlossen ist.​1

Im Ergebnis entspricht diese Praxis weitgehend jener des EUIPO, das eine Einschränkung nur bei im Gebiet der EU geschützten geografischen Angaben verlangt.​2

Gemäss der neuen Praxis können Zeichen, die schweizerische oder ausländische Herkunftsangaben enthalten (wie beispielsweise «Schweiz», «Swiss made», das Schweizerkreuz,​3 eine Abbildung des Matterhorns oder «made in France»), ohne Einschränkung und ungeachtet des Sitzes des Hinterlegers als Marken eingetragen werden.​4

Die Änderung der Einschränkungspraxis tangiert den Schutzausschlussgrund der Zugehörigkeit zum Gemeingut (Art. 2 lit. a MSchG) nicht. Herkunftsangaben und geografische Angaben in Alleinstellung bzw. mit weiteren nicht unterscheidungskräftigen Elementen sind unverändert von der Markeneintragung ausgeschlossen.​5

III. Beibehalt der Einschränkung

Die Einschränkung der WDL wird verlangt, soweit eine entsprechende explizite oder implizite gesetzliche bzw. staatsvertragliche Verpflichtung besteht. Dies ist bei folgenden Angaben der Fall:

a) Landwirtschaftliche und nicht landwirtschaftliche geschützte Ursprungsbezeichnungen (GUB) und geschützte geografische Angaben (GGA), die im Register des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) oder des IGE eingetragen sind (Art. 50b Abs. 7 MSchG).​6

b) Durch die kantonale Gesetzgebung geregelte Ursprungsbezeichnungen für Weine (KUB/AOC), die in dem vom BLW veröffentlichten Verzeichnis eingetragen sind. Da Art. 63 Abs. 6 LWG bezüglich des Schutzes und der Verteidigung die analoge Anwendbarkeit der Regelung für landwirtschaftliche GUB/GGA vorsieht, muss dies auch für das Erfordernis der Einschränkung bei der Markeneintragung gelten.

c) International registrierte geografische Angaben gemäss der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens, soweit ihnen Schutz für die Schweiz gewährt wird (Art. 50e Abs. 6 MSchG​7).

d) Ausländische geografische Angaben, die in der Schweiz durch Abkommen geschützt sind, welche bei Markeneintragungsgesuchen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft die Zurückweisung von Amtes wegen statuieren. Betroffen sind:

Angaben, die in den Anhängen 7, 8 und 12 des sektoriellen Abkommens mit der Europäischen Gemeinschaft angeführt sind;

Angaben (Namen der Länder und Regionen ausgenommen), die in den bilateralen Abkommen «neuer Generation» (zurzeit mit Russland, Jamaika und Georgien) sowie in Freihandelsabkommen (zurzeit mit Japan und Mexiko) aufgelistet sind;

Angaben für Weine und Spirituosen (gemäss Art. 23 TRIPS), soweit sie im Ursprungsland als GUB/GGA eingetragen oder unter einem anderen Titel geschützt sind (massgebend ist das weltweite Verzeichnis der Organisation for an International Geographical Indications Network – oriGIn).

Mit dem neuen Art. 50e MSchG​8 wollte der schweizerische Gesetzgeber die Einschränkungspraxis bezüglich der GUB/GGA/KUB jener der entsprechenden ausländischen Angaben angleichen. Eine systematische wie auch eine teleologische Auslegung ergeben, dass es nicht vertretbar ist, für die in der Schweiz neu gemäss Genfer Akte geschützten Angaben eine Einschränkung zu verlangen, nicht aber für die entsprechenden Angaben, die in der Schweiz unter einem anderen, ein vergleichbares Schutzniveau bietenden Vertrag geschützt sind.
Die in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts abgeschlossenen Verträge «alter Generation» enthalten keine Bestimmungen betreffend die Markeneintragung, sondern regeln einzig den Gebrauch der geschützten Bezeichnungen. Entsprechend ist bei Bezeichnungen, die in diesen alten Verträgen aufgelistet sind, keine Einschränkung zu verlangen.

e) Geografische Angaben, deren Gebrauch in einer Branchenverordnung gemäss Art. 50 MSchG9 geregelt ist, und denen vom schweizerischen Gesetzgeber ein den GUB/GGA gleichwertiger Status gewährt wurde. Ihre Eintragung als geografische Marke (Art. 27a Abs. 1 lit. c MSchG) und ihre internationale Registrierung als geografische Angabe (Art. 50d Abs. 1 lit. c MSchG)​10 ist ebenfalls möglich.​11

Markeneintragungsgesuche, die die erforderliche Einschränkung nicht aufweisen, verstossen gegen geltendes Recht und werden gestützt auf Art. 2 lit. d i.V.m. Art. 30 Abs. 2 lit. c MSchG zurückgewiesen.

IV. Gründe der Praxislockerung

Die Einschränkung der WDL auf eine bestimmte geografische Herkunft ist vom materiellen Herkunftsangabenrecht gemäss Art. 47 ff. MSchG zu trennen. Die Praxislockerung beschlägt ausschliesslich die Frage, wie das Verbot der Eintragung irreführender Marken umzusetzen ist. Trotzdem besteht zwischen diesen beiden Aspekten (Einschränkung zwecks Ausschluss der Irreführungsgefahr einerseits und Qualifikation einer geografischen Bezeichnung als Herkunftsangabe andererseits) insofern ein enger Zusammenhang, als die Einschränkung der WDL naturgemäss nur gerechtfertigt ist, sofern tatsächlich eine Herkunftsangabe vorliegt.

Das Bundesgericht hat wiederholt bestätigt, dass die abstrakte Irreführungsgefahr mittels Einschränkung zu beseitigen ist.​12 Zudem sind die Kriterien, anhand derer zu entscheiden ist, ob eine geografische Bezeichnung eine Herkunftsangabe darstellt, durch die Rechtsprechung vorgegeben worden.​13 Jedoch haben die eidgenössischen Gerichte in den letzten Jahren die Praxis des IGE hinsichtlich der Qualifikation einer geografischen Bezeichnung als Herkunftsangabe nicht immer geschützt. Es bereitet Mühe, die Erwägungen eines Teils jener Urteile auf kohärente und sinnvolle Weise in die bisher von den Gerichten vorgegebene Praxis zu integrieren. Daraus haben sich Rechtsunsicherheiten für die Hinterleger wie auch für das IGE ergeben. Effektiv werden mit der Praxislockerung die materiellen Kriterien zum Ermitteln einer Herkunftsangabe nicht in Frage gestellt; diese behalten ihre Gültigkeit – verlieren aber in der Markenprüfung durch den Verzicht auf die Einschränkung sehr stark an praktischer Bedeutung.

Seit den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat sich die Schweiz für eine Verstärkung des internationalen Schutzes von Herkunftsangaben eingesetzt, namentlich durch den Abschluss von bilateralen Verträgen und Freihandelsabkommen und in der Folge auch innerhalb der Weltorganisation für geistiges Eigentum (OMPI). Diese Bemühungen waren sowohl für das IGE wie auch für die Gerichte​14 Rechtfertigung einer strengen nationalen Praxis in Bezug auf die Markeneintragung von Zeichen mit Herkunftsangaben. Jedoch haben sich die damals gehegten Hoffnungen der Schweiz bis heute nicht realisiert. Weder wurde eine Art. 23 TRIPS entsprechende Bestimmung für weitere Waren geschaffen, noch der Schutz von Ländernamen in der Pariser Verbandsübereinkunft festgesetzt. Gleiches gilt in Bezug auf die schweizerische Einschränkungspraxis, die – anders als erhofft – nicht von einer relevanten Zahl weiterer Länder übernommen worden ist. Tatsächlich ist die Schweiz im internationalen Vergleich mit dieser Praxis sehr isoliert, was sich insbesondere bei der Schutzausdehnung via das Madrider System bemerkbar macht. Der Stand der Dinge auf internationaler Ebene hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert und vermag die strenge schweizerische Praxis nicht mehr zu rechtfertigen. Die Praxisänderung wird dem «Sonderfall Schweiz» ein Ende setzen, was per se für alle Beteiligten positiv erscheint.

Die einzige konkrete rechtliche Wirkung der Einschränkung liegt darin, dass ein Gebrauch der Marke mit einer Herkunftsangabe für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft nicht rechtserhaltend gemäss Art. 11 MSchG wirkt. Eine solche Marke kann infolge Nichtgebrauchs gelöscht werden. Allerdings ist in den rund fünfzig Jahren, während derer die Einschränkungspraxis galt, kein einziger Fall einer Markenlöschung im In- oder Ausland unter diesem Titel bekannt – ebenso wenig wie eine Löschung aufgrund Irreführung über die geografische Herkunft. Im Verfahren auf Löschung einer Marke wegen Nichtgebrauchs wurde dieser Grund in Bezug auf die Missachtung einer geografischen Einschränkung bis heute in zwei Fällen geltend gemacht, ebenso im Widerspruchsverfahren. In keinem der vier Fälle ging es darum, eine Irreführung über die geografische Herkunft zu unterbinden; vielmehr wurde der Nichtgebrauch nur insofern angeführt, als der Antragsteller die Marke für sich selbst beanspruchte. Die Löschung wegen Nichtgebrauchs ist nicht zuletzt aufgrund der fünfjährigen Karenzfrist ein ungeeignetes Mittel im Kampf gegen den Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben. Insofern ist die Annahme überwiegend rein theoretisch, dass die Einschränkungspraxis dem Schutz der Herkunftsangaben einerseits und dem Schutz der Abnehmer vor Irreführung andererseits diene. Es ist Sache der Zivil- und Strafgerichte, im Einzelfall zu prüfen, ob eine Marke mit einer Herkunftsangabe gemäss den Erwartungen der Abnehmer gebraucht wird.​15

Da der Eintragungsentscheid des IGE den Zivil- und Strafrichter nicht bindet, zeigen auch weder die Qualifikation einer geografischen Bezeichnung als Herkunftsangabe durch das IGE, noch die geografische Einschränkung im Register für diese Instanzen eine verbindliche Wirkung. So hat beispielsweise das Bundesgericht im Verfahren LOZÄRNER BIER erwogen, dass die Angabe «Lozärner» für Biere, die aus der Schweiz, aber nicht aus Luzern stammen, irreführend ist.​16 Das IGE hatte dagegen Marken mit der Angabe «Lozärner Bier» mit einer Einschränkung der Biere auf schweizerische Herkunft eingetragen.​17 Das Bundesgericht hat der Einschränkung im Register keine Bedeutung beigemessen.

Aus den vorgenannten Gründen und auf der Grundlage einer Gewichtung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände, insbesondere der betroffenen Interessen, erscheint die Einschränkung als ungeeignetes und unverhältnismässiges Mittel und ist daher aufzugeben.

Allenfalls bewirkt die Einschränkungspraxis des IGE faktisch, dass Hinterleger davon abgehalten werden, Marken mit Herkunftsangaben eintragen zu lassen, die sie von vornherein nicht korrekt zu benutzen gedenken. Mit der Praxislockerung geht dieser mögliche abschreckende Effekt – von dem sich nicht ermitteln lässt, inwieweit er tatsächlich greift – verloren. Es bleibt aber dabei, dass eine Herkunftsangabe unabhängig von ihrer Eintragung als Marke und unabhängig von einer Einschränkung der WDL nicht in unzutreffender Weise gebraucht werden darf (Art. 47 Abs. 3 MSchG). Das IGE geht seit dem Jahr 2017 aktiv gegen Swissness-Missbräuche im In- und Ausland vor und räumt dieser Aufgabe im Bereich der Rechtsdurchsetzung grossen Stellenwert ein.​18 Es arbeitet dabei eng mit Branchenverbänden und den betroffenen Wirtschaftskreisen zusammen und ist namentlich an dem im Frühjahr 2021 gegründeten Verein Swissness Enforcement beteiligt.​19

V. Änderungen im Richtlinientext

Auf der vorstehend angeführten Grundlage sind die Richtlinien in Markensachen in Teil 5 im Wesentlichen in zwei Bereichen geändert worden: Einerseits überall dort, wo bisher die Irreführung über die geografische Herkunft abweichend von der offensichtlichen Irreführungsgefahr ausgehend von sonstigen Hinweisen behandelt wurde; andererseits überall dort, wo die Praxis bezüglich der durch spezialgesetzliche bzw. staatsvertragliche Bestimmungen geschützten geografischen Angaben beschrieben wird. Ausführungen zur erforderlichen Einschränkung der WDL finden sich neu nur noch im Zusammenhang mit dem Verstoss gegen geltendes Recht.

Im Einzelnen sind insbesondere folgende Ziffern betroffen:

Ziff. 5.2 Offensichtliche Irreführungsgefahr

Neu werden hier irreführende Herkunftsangaben angeführt

Ziff. 7.1 Allgemeine Bemerkungen

Ziff. 7.5 Verbot der Benutzung bestimmter Begriffe

Neu wird in diesen beiden Ziffern angeführt, dass die Zurückweisung aufgrund Verstosses gegen geltendes Recht nur erfolgt, wenn die Markeneintragung durch landesrechtliche oder staatsvertragliche Regelungen untersagt ist bzw. die Eintragung als Marke eine bestimmte Einschränkung voraussetzt.

Ziff. 8 Herkunftsangaben und geografische Angaben

Ziff. 8.1.1 Einleitung

Ziff. 8.1.2 Abgrenzung zwischen Herkunftsangaben und geografischen Angaben (GA)

Die (neuen) Titel und Texte unterscheiden klarer zwischen Herkunftsangaben und geografischen Angaben

Ziff. 8.2.1 Direkte und indirekte Herkunftsangaben

Dieser Titel wurde insgesamt verschoben und ein Teil der Ausführungen zu indirekten Herkunftsangaben – die stark an praktischer Relevanz verlieren – ist nur noch in Fussnoten.

Ziff. 8.3 Durch das Völkerrecht und spezialgesetzliche Bestimmungen geschützte Herkunftsangaben

Hier bzw. in den Unterziffern 8.3.1 ff. sind neu die (leicht angepassten und insbesondere bezüglich der Branchenverordnungen sowie der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens ergänzten) Ausführungen aus den ehemaligen Ziffern 8.7.1 ff. Gleichzeitig wurden Hinweise aus der ehemaligen Ziffer 8.3 nach hinten zu 8.7 verschoben.

Ziff. 8.4.1 Bezeichnungen mit doppelter Bedeutung

Die Ausführungen sind gekürzt worden, da sie an praktischer Bedeutung verloren haben.

Ziff. 8.4.7 Herkunftsangaben, die sich im Verkehr durchgesetzt und/oder eine «secondary meaning» erworben haben

Dieser neue Titel ist nur der Vollständigkeit geschuldet; der dazugehörige Text enthält keine materiellen Neuerungen.

Ziff. 8.4.8 Sonstige Ausnahmen aufgrund des Gesamteindrucks

Dieser Titel sammelt neu Hinweise auf Fallgruppen, in denen ein geografischer Name aufgrund weiterer Zeichenelemente keine Herkunftsangabe darstellt. Die diesbezüglichen Ausführungen, die bisher in den ehemaligen Ziff. 8.4.7.1 bis 8.4.7.6 standen, sind stark gekürzt worden, da sie nur noch sehr geringe praktische Relevanz haben.

Ziff. 8.6 Irreführung über die geografische Herkunft

Ziff. 8.6.1 Grundsatz

Da nur noch offensichtlich irreführende Herkunftsangaben zurückgewiesen werden, wurde ein Grossteil der bisherigen Ausführungen gestrichen.

Ziff. 8.6.3 Korrektive

Ziff. 8.6.4 Entlokalisierende Zusätze

Da nur noch offensichtlich irreführende Herkunftsangaben zurückgewiesen werden, wurden diese Ziffern gestrichen und ein Teil der Ausführungen in die neue Ziff. 8.6.3 verschoben.

Ziff. 8.6.5 Einschränkungspraxis

Ziff. 8.6.5.1 Einschränkung auf die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen

Die Ausführungen zu Herkunftsangaben wurden ersatzlos gelöscht; jene betreffend geografische Angaben wurden (in angepasster Form) nach unten zu Ziff. 8.7 Verstoss gegen geltendes Recht verschoben.

Ziff. 8.6.5.2 Einschränkung auf die geografische Herkunft der Rohstoffe oder auf einen Produktionsschritt

Diese Ziffer wurde insgesamt gestrichen. Der Verzicht auf die Einschränkung umfasst auch Herkunftsangaben bezüglich der Rohstoffe oder eines Produktionsschritts.

Neue Ziff. 8.6.3 Untereinander oder in Bezug auf die betroffenen Waren bzw. Dienstleistungen widersprüchliche Bezeichnungen

Der Titel ist neu; die Ausführungen standen bisher teils schon unter den ehemaligen Ziff. 8.6.4 und Ziff. 8.6.6 und wurden in Bezug auf den Widerspruch zwischen Zeichen und WDL ergänzt.

Ziff. 8.7 Verstoss gegen geltendes Recht (Art. 2 lit. d MSchG)

Ziff. 8.7.1 Allgemeines

Die bisherigen Ausführungen je zu den relevanten Gesetzen/Verträgen, die in den ehemaligen Ziff. 8.7.1 bis 8.7.6 standen, wurden wie folgt teilweise verschoben: Die allgemeinen Grundsätze zu den gesetzlichen bzw. vertraglichen Grundlagen sind neu in Ziff. 8.3 und die Ausführungen betr. Gemeingut neu in Ziff. 8.5.

Ziff. 8.7.2 Einschränkung der Waren bzw. Dienstleistungen

Hier wird neu der Text aus der ehemaligen Ziff. 8.6.5 Einschränkungspraxis geführt. Die Hinweise wurden insbesondere insofern angepasst, als die bilateralen Verträge «alter Generation» in diesem Zusammenhang nicht mehr berücksichtigt werden und bezüglich der übrigen Verträge die Namen der Länder und Regionen ausser Acht bleiben.

Ziff. 9 Öffentliche Zeichen und Hoheitszeichen

In dieser Ziffer wurden überall dort Anpassungen vorgenommen, wo die Irreführung über die geografische Herkunft erwähnt wird, die neu nur noch im Fall offensichtlicher Irreführung relevant ist.

Fussnoten:

1

Der Grundsatz, nur bei offensichtlicher Irreführung zurückzuweisen, wird absolut angewendet; auf die Höhe der Wahrscheinlichkeit einer korrekten Benutzung im Einzelfall kommt es daher nicht an.

2

Die schweizerischen Branchenverordnungen sind keine Grundlage, um eine Bezeichnung als geografische Angabe auf EU-Ebene i.S.v. Art. 7 1. j) der Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke zu qualifizieren.

3

Die geografische Irreführung gemäss WSchG wird gemäss der neuen Praxis ausgelegt. Dagegen sind die vom WSchG statuierten Verbote der Markeneintragung (z.B. betreffend das Schweizer Wappen) von der Praxisänderung nicht tangiert.

4

Diese Regelung gilt nicht, wo Bezeichnungen durch einen besonderen Titel geschützt sind (vgl. nachfolgend Ziff. III).

5

Art. 27a MSchG bleibt vorbehalten.

6

Vgl. BBl 2009, 8606 und 8619.

7

Vgl. BBl 2021 675 ff. Die Bestimmung ist am 1. Dezember 2021 in Kraft getreten (vgl. ‹https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-79355.html›).

8

Vgl. Fn. 7.

9

Zurzeit die Verordnung über die Benützung des Schweizer Namens für Uhren sowie die Verordnung über die Verwendung von schweizerischen Herkunftsangaben für kosmetische Mittel.

10

Vgl. Fn 7.

11

Im Anwendungsbereich der Verordnung über die Benützung des Schweizer Namens für Uhren berücksichtigt das IGE die folgenden regionalen Angaben: Genève, Schaffhausen, Vallée de Joux, Neuchâtel, La Chaux-de-Fonds, Le Locle und Fleurier.

12

Vgl. z.B. BGer in PMMBl 71/84, «Tour de Suisse»; BGE 128 III 454 ff. E. 2.2, «Yukon»; BGE 132 III 770 ff. E. 2.1, «Colorado» (fig.); BGer vom 4. Dezember 2015, 4A_357/2015, E. 4.2, «Indian Motorcycle»; BGE 147 III 326 ff. E. 5, «SWISS RE – WE MAKE THE WORLD MORE RESILIENT».

13

Das BGer hat den Erfahrungssatz formuliert, wonach eine geografische Bezeichnung, verwendet zur Kennzeichnung von Waren/Dienstleistungen, im Regelfall als Herkunftsangabe verstanden wird (vgl. BGE 135 III 416 ff. E. 2.2., «Calvi» [fig.], m.w.H.), und in der weiteren Rechtsprechung von BGer und BVGer wurden dazu zahlreiche Ausnahmen entwickelt.

14

Im Jahr 1980 hat das BGer angeführt: «Zu bedenken ist ferner, dass durch bilaterale Verträge und internationale Bestrebungen heute in vermehrtem Mass versucht wird, geographische Herkunftsangaben nach Möglichkeit vor unrichtiger Verwendung zu schützen, weil in vielen Ländern ein wachsendes Interesse an der Wahrheitspflicht der Fabrikanten festzustellen ist […]. Solche Verträge hat die Schweiz seit etwa zehn Jahren denn auch bereits mit mehreren europäischen Staaten abgeschlossen […]. Diese anhaltenden Tendenzen dürfen bei der Beurteilung der Täuschungsgefahr ebenfalls berücksichtigt werden» (BGer in PMMBl 85/52, E. 3b in fine, «Lima Models»).

15

Anders als das IGE berücksichtigen die Gerichte für die Frage, ob eine Irreführung über die geografische Herkunft vorliegt, nicht nur die Marke als solche, sondern alle Umstände des Gebrauchs im Einzelfall; vgl. BGE 144 II 386 ff., «Lozärner Bier» und BGer vom 20. August 2020, 2C_322/2021, «Saas das Bier». Vgl. auch BGE 147 III 326 ff. E. 7.2.1, «SWISS RE – WE MAKE THE WORLD MORE RESILIENT».

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17

Vgl. auch BGer vom 20. August 2020, 2C_322/2021, «Saas das Bier». Das IGE hat eine Marke mit dem Bestandteil «Saas das Bier» für Bier schweizerischer Herkunft eingetragen (CH 744978).

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