(I. Kammer)
Sachverhalt1:
Die Stiftung für Konsumentenschutz (Beschwerdeführerin2) reichte gegen verschiedene öffentlich bekannte Personen Beschwerde ein3. Im vorliegenden Fall ging es um einen Post auf der Plattform Instagram vom 12. Mai 2019 der Influencerin Xenia Tchoumi (Beschwerdegegnerin). Auf der abgebildeten Foto sieht man die Hände der Influencerin mit Produkten von Unternehmen.
Der Kammer-Entscheid wurde mittels Rekurs angefochten, er ist somit nicht rechtskräftig.
Erwägungen der Kammer:
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass in einem Instagram-Post der Beschwerdegegnerin vom 12. Mai 2019 unter anderem Ringe und Armbänder von «CARTIER» und «Eden Presley Jewelry» zu sehen seien. Sowohl auf dem Bild als auch im Text befinde sich ein Hinweis auf diese beiden Anbieter. Ein Hinweis auf bezahlte Werbung fehle hingegen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde. Sie macht geltend, dass sie mit den fraglichen Unternehmen keinerlei Kooperationsvereinbarung habe. Es habe sich um einen privaten Post über ihren eigenen Schmuck gehandelt, ohne jegliche Werbeabsichten.
Unlauter ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst (Art. 2 UWG). Die Schweizerische Lauterkeitskommission konkretisiert die lauterkeitsrechtliche Generalklausel, indem sie in ihren Grundsätzen konkrete Verhaltensweisen oder Geschäftsgebaren als unlauter definiert. Vor diesem Hintergrund qualifiziert die Lauterkeitskommission kommerzielle Kommunikation etwa dann als unlauter, gleichgültig in welcher Form sie erscheint oder welches Medium sie benutzt, wenn sie nicht als solche eindeutig erkennbar und vom übrigen Inhalt nicht klar getrennt ist (Grundsatz Nr. B.15 Abs. 1 der Lauterkeitskommission).
Unter kommerzieller Kommunikation ist jede Massnahme zu verstehen, die eine gewisse Anzahl von Personen systematisch in ihrer Einstellung zu bestimmten Produkten oder Geschäftsverhältnissen zum Hauptzweck des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes oder seiner Verhinderung beeinflusst, wozu grundsätzlich auch Sponsoringkommunikation zählt (Grundsatz Nr. A.3 Abs. 1 und 2). Gemäss Grundsatz Nr. B.15 Abs. 2 muss kommerzielle Kommunikation auch dann als solche eindeutig erkennbar sein, wenn eine Person ein Social-Media-Profil oder einen Social-Media-Account nutzt, um kommerzielle Kommunikation für Dritte zu betreiben oder zu ermöglichen, die für die Nutzer nicht als solche erkennbar ist. In diesem Sinne erfasst der Grundsatz Nr. B.15 trotz der zugegebenermassen zu eingrenzenden Überschrift «Trennung zwischen redaktioneller Information und kommerzieller Kommunikation» jede Kommunikationsform und nicht nur eigentliche redaktionelle Kommunikation, sei es von juristischen oder von natürlichen Personen. Insbesondere hat eine Person, welche Sponsoringleistungen oder andere damit vergleichbare Entgelte oder Sachleistungen erhält, ihr Verhältnis zur leistungsgebenden Person offenzulegen. Analog ausländischer Bestimmungen fordert der Grundsatz der Lauterkeitskommission keine allgemeine Kennzeichnungspflicht für kommerzielle Kommunikation zugunsten Dritter. Vielmehr wird unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles die eindeutige Erkennbarkeit des kommerziellen Charakters der Kommunikation verlangt. Eine Kennzeichnung oder anderweitige Klarstellung ist somit dann erforderlich, wenn eine Kommunikation auf einem Social-Media-Portal gerade nicht eindeutig als private Meinungsäusserung oder als kommerzielle Kommunikation identifiziert werden kann. Die Frage der Erkennbarkeit der Art der Kommunikation unterliegt jeweils einer Einzelfallbeurteilung.
Für die Beurteilung einer Massnahme der kommerziellen Kommunikation berücksichtigt die Lauterkeitskommission insbesondere das Verständnis der massgebenden Zielgruppe, den Gesamteindruck und den Charakter des Mediums (Grundsatz Nr. A.1 Abs. 3). Beim Verständnis der massgebenden Zielgruppe wird nach ständiger Praxis der Lauterkeitskommission auf das Verständnis der durchschnittlich verständigen, durchschnittlich aufgeklärten und durchschnittlich informierten Mitglieder der adressierten Zielgruppe (sog. Durchschnittsadressaten) abgestellt (vgl. auch BGE 132 III 414 E. 2.3.2; M. Senn, Neuer Grundsatz zum Geltungs- und Anwendungsbereich, in: sic! 2008, 591).
Im vorliegenden Fall ist der Charakter des Publikationsmediums (Instagram) dadurch geprägt, dass der Adressatenkreis von Inhalten nicht unbestimmt, sondern sehr konkret messbar und feststellbar ist. Die Adressaten sind nämlich gemäss Beschwerdeführerin die rund 1,5 Millionen Follower (Abonnenten) des Instagram-Accounts der Beschwerdegegnerin. Ein Follower bestimmt, welchen Personen oder Unternehmen er folgen will. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die durchschnittlichen Schweizer Follower der Beschwerdegegnerin für deren Karriere und Leben interessieren und sie durch das Folgen des Instagram-Accounts mehr über sie, ihre Karriere und ihr Leben erfahren möchten. Sie sind interessierter an der Beschwerdegegnerin als Person und besser über sie informiert als jemand, der kein Follower dieses Accounts ist. Es darf davon ausgegangen werden, dass sich diese Durchschnittsadressaten klar bewusst sind, dass die Beschwerdegegnerin ihre Dienste als professionelle Influencerin anbietet. Dies insbesondere auch, weil es sich beim Account der Beschwerdegegnerin aufgrund des am Anfang des Profils gesetzten blauen Hakens um einen verifizierten Account handelt, den Instagram nur Personen mit einer bestimmten öffentlichen Bekanntheit zugesteht. Den Durchschnittsadressaten ihres Instagram-Accounts ist bewusst, dass die Präsentationen von Produkten, Marken oder Dienstleistungen kommerzielle Hintergründe haben, sei es aufgrund von Kooperationen mit einzelnen Unternehmen oder aufgrund anderweitiger, klar kommerziell geprägter Hintergründe. Die Durchschnittsadressaten sind sich also grundsätzlich bewusst, dass die Präsentation der in der Beschwerde erwähnten Marken einen kommerziellen Zweck verfolgt.
Der Charakter des Instagram-Accounts der Beschwerdegegnerin ist eindeutig ein kommerzieller. Soweit die Beschwerdegegnerin argumentiert, sie habe für die Präsentation der Produkte und die Erwähnung der Marken keine Gegenleistung erhalten, so ist dies insofern irrelevant, als diese Präsentation aufgrund der Influencertätigkeit der Beschwerdegegnerin kommerziell geprägt ist. Selbst wenn keine aktuelle Kooperation mit den beiden Marken bestehen sollte, ist davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin mit ihrer Kommunikation eine Werbewirkung bieten will, sei es zum Zwecke der eigenen Imagepflege, sei es, um allenfalls in Zukunft mit den beiden Marken kooperieren zu können. Dies gilt insbesondere für Accounts, die wie der Account der Beschwerdegegnerin mit einem blauen Haken versehen sind (vgl. auch LG München I Urteil vom 29. April 2019, Az. 4 HK O 14312/18, E. 45, «Cathy Hummels»). Dass es sich beim Post um eine rein persönliche Meinungsäusserung ohne eigene kommerzielle Interessen handeln soll, ist nicht nachvollziehbar.
Vor diesem Hintergrund handelt es sich beim beanstandeten Post unzweifelhaft um kommerzielle Kommunikation, die sich auch an die Schweizer Follower richtet. Das Vorliegen kommerzieller Kommunikation ist durch die Durchschnittsadressaten aber eindeutig erkennbar. Denn im vorliegenden, grundsätzlich kommerziellen Account der Beschwerdegegnerin werden die Drittmarken im fraglichen Post ohne weitere Kommunikationselemente wie beschreibende Texte etc. genannt resp. dargestellt, die den falschen Eindruck einer rein privaten Meinungsäusserung ohne eigene wirtschaftliche Zwecke erwecken könnten. Aufgrund der eindeutigen Erkennbarkeit der kommerziellen Kommunikation im Sinne des Grundsatzes Nr. B.15 Abs. 1 und 2 bedarf es daher keiner weiteren Kennzeichnung oder Klarstellung der Art der Kommunikation. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
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Fussnoten:
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| 1 |
Diese Sachverhaltsdarstellung ist nicht Bestandteil des offiziellen Entscheides (sie wurde vom Berichterstatter hinzugefügt). |
| 2 |
Da die Beschwerdeführerin bereits bei Einreichung der Beschwerde sowie unmittelbar nach Eröffnung der Entscheide unter Nennung sämtlicher Parteien aktiv an die Medien gelangte, werden hier ebenfalls die Namen und sonstige Kennzeichen wiedergegeben. |
| 3 |
Die beiden Entscheide der III. Kammer vom 19. Juni 2019 (SLKE «Podladtchikov» und «Hunziker») wurden in sic! 10/2019, 580 und 581 publiziert. |