Daniel Langhart – «Es wäre konstruktiver, wenn die Verbände sich auf gemeinsame Vorgaben einigen könnten.»

Mietrecht

Nach der Ausbildung an der SVIT Real Estate School mit eidgenössischem Fachausweis Immobilienbewirtschafter 2006 wurde Daniel Langhart - nach verschiedenen Stationen in der Immobilienbranche - 2010 Geschäftsführer und Inhaber der Immolution GmbH in Buch am Irchel.

Wann sind Sie das erste Mal mit dem Mietrecht in Kontakt gekommen?

Das allererste Mal war der Kontakt natürlich, als ich meine erste eigene Wohnung bezogen habe.

Im Beruflichen war das dann vor etwas mehr als 20 Jahren, als ich bei einer grossen Immobilienverwaltung als Sachbearbeiter in die Immobilienbranche eingestiegen bin.

Was sind Ihre alltäglichen Herausforderungen?

Wir bewirtschaften nebst etlichen Stockwerkeigentümergemeinschaften auch verschiedene Mietliegenschaften. Hier werden von uns alle Alltagsprobleme von Mietern gelöst. Das beginnt beim Bestellen eines verlorenen Schlüssels über das Reparieren eines rinnenden Lavabos bis zum Schlichten der klassischen Streitigkeiten in einer Waschküche.  

Gibt es Anekdoten aus Ihrer Tätigkeit im Bereich Mietrecht?

Wir hatten einmal ein kleines Einfamilienhaus vermietet. Als die neuen Mieter eingezogen sind, wurden sämtliche Storen und Rollläden heruntergelassen, wie auch die Fenster mit einer dunklen Folie verklebt. Über die nächsten 2 Jahre, blieben diese verschlossen. Da gab es etliche Fragen aus der Nachbarschaft. Wieso sind diese Storen immer unten, was passiert in diesem Haus, etc.?

Aufgrund des Datenschutzes konnten wir diesbezüglich nicht intervenieren und der «Gwunder» der Nachbarn konnte nicht gestillt werden. Wir wissen bis heute nicht, was sich im Inneren dieser komplett verdunkelten Liegenschaft abgespielt hat.

Ebenfalls eine lustige Geschichte passierte, als eine Mieterin uns mitteilte, dass Sie den Mietzins bei der Schlichtungsstelle hinterlegen werde. Die Begründung lag darin, dass Sie das Fenster im Wohnzimmer offen gelassen habe und sich nun zwei Fledermäuse in diesem Zimmer befanden. Sie könne deshalb das Wohnzimmer nicht mehr nutzen. Als der Wildhüter vor Ort war, um die Fledermäuse einzufangen, ging das dann aber sehr einfach. Die vermeintlichen Fledermäuse entpuppten sich als zwei schwarze Socken, welche der Mieterin gehörten.

Wenn Sie die Möglichkeit hätten, etwas am Mietrecht/Mietsystem ändern zu können, was wäre das?

Aus meiner Sicht wäre es optimal, das Mietrecht, bzw. v.a. dessen Anwendung durch Behörden und Gerichte gesamtschweizerisch und einheitlicher zu handhaben.

Gerade in der aktuellen Situation mit der Erhöhung des Referenzzinssatzes ist es sogar so, dass praktisch jede Schlichtungsstelle eigene Ansätze verwendet, etwa bei der Höhe der Kostensteigerung. Hier erhält man je nach Behörde die ganze Bandbreite von 0% bis 1% vorgelegt. Eine Vereinheitlichung wäre hier für alle Parteien von Vorteil und würde Rechtssicherheit schaffen.

Welches wäre Ihr wichtigster Tipp an die Vermieterinnen und Vermieter, welches an die Mieterinnen und Mieter?

Hier können wir eigentlich nur einen einzigen Tipp abgeben: Beide Parteien sollen bei Missständen miteinander reden und nicht gleich per Einschreiben oder gar Anwälten kommunizieren. Aus unserer Sicht ist die Kommunikation das A&O einer funktionierenden Beziehung zwischen Vermieterin/Verwaltung und Mieter.

Nicht nur an die Mieterinnen und Vermieter hätte ich einen Tipp. Das Gleiche gilt auch für den Mieter- und Hauseigentümerverband. Es ist für mich unverständlich, weshalb diese beiden Verbände immer wieder mit überspitzen und teils schlicht falschen Äusserungen gegeneinander «schiessen». Damit ist niemandem gedient. Viel sinnvoller und konstruktiver wäre es, wenn sich die Verbände zusammensetzen würden und sich auf gemeinsame Vorgaben einigen könnten. Dadurch könnte ein grosser Mehraufwand vermieden und auch die Gerichte entlastet werden.

Wie hat sich das Mietwesen in den vergangenen Jahren Ihrer Meinung nach verändert?

Die verschiedenen politisch motivierten Regulierungen sind aus Sicht des Immobilienbewirtschafters negativ. Angefangen bei der Einführung des Anfangsmietzinsformulars gibt es immer mehr administrative Erweiterungen, welche aus unserer Sicht niemandem wirklich weiterhelfen. Es generiert sehr viel Arbeit und Papier, ohne dass sich ein wirklicher Mehrwert ergibt. Die Zeit, welche mit den administrativen Zusätzen verbracht wird, könnte sinnvoller für eine gute Bewirtschaftung der Liegenschaften und Betreuung der Mieter verwendet werden.

Welches sind Ihrer Meinung nach die grössten Stärken und Schwächen im Schweizer Mietwesen?

Stärken: Hervorzuheben ist, dass es im Schweizer Mietrecht in wesentlichen Punkten Leitplanken gibt, welche befolgt und eingehalten werden müssen. Das erachte ich als grosse Stärke.

Schwächen: Gleichzeitig sind diese Leitplanken nicht ganz so klar, wie sie eigentlich sein sollten. Wie bereits erwähnt, ist v.a. deren Umsetzung bzw. Anwendung durch Behörden und Gerichte oftmals unklar und schafft Rechtsunsicherheit.

Welche ist Ihrer Meinung nach die grösste Herausforderung im Schweizer Mietwesen in den kommenden 10 Jahren?

Dass die Mieten auch in einem zunehmend schwierigeren Zinsumfeld nur in einem moderaten Masse ansteigen. Gleichzeitig jedoch auch, dass ein angemessener und moderater Anstieg von Verbänden nicht dauernd aus Prinzip bekämpft wird. Wenn v.a. private Vermieterinnen und Vermieter ihre steigenden Kosten oder Erneuerungen nicht angemessen überwälzen können, gibt es bald nur noch institutionelle Vermietungen, was kaum im Sinne der Mieterinnen und Mieter sein kann.

Christian Habegger | legalis brief MietR 04.07.2023