Jonas Schweighauser – «…langweilig war es mir noch nie…»

Familienrecht

Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Basel und dem Advokatursexamen1992, promovierte Prof. Dr. Jonas Schweighauser 1998 und erlanget den Titel Doktor beider Rechte. Seit 1998 ist er Partner bei der Kanzlei LAMOLEX in Binningen bei Basel und ist dort im Familienrecht insb. internationales Familienrecht und Güterrecht, Beratung von unverheirateten Paaren, Konkubinat, Regenbogenfamilien, Kindesrecht, Kindesschutz, Vertretung von Kindern und Jugendlichen in zivilrechtlichen Verfahren, Zivilrechtliche Kindesentführungen nach HkÜ, Erwachsenenschutz sowie im Ehe- und Erbrecht tätig. Er ist Lehrbeauftragter für Familienrecht an der Universität Zürich und Basel und wurde 2017 zum Titularprofessor für Familienrecht an der Universität Basel ernannt. Seit 2021 ist er Vizepräsident der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen.

Welche Verbindung haben Sie zum Familienrecht?

Ich bin Anwalt und seit bald 20 Jahren ausschliesslich im Bereich des Familienrechts tätig. Daneben unterrichte ich als Lehrbeauftragter der Universitäten Basel und Zürich im Familienrecht.

Was sind Ihre alltäglichen Herausforderungen?

Die grösste Herausforderung ist wohl, emotional stark belasteten Menschen unter ständigem Zeitdruck gerecht zu werden und diesen eine adäquate Unterstützung zu gewährleisten.

Gibt es Anekdoten aus Ihrer Tätigkeit?

Wenn man derart intensiv in einem so emotionalen Bereich mit Menschen zu tun hat, gibt es natürlich zahlreiche Anekdoten; langweilig war es mir noch nie… 

Wenn Sie die Möglichkeit hätten, etwas am Familienrecht ändern zu können, was wäre das?

Vor der Heirat und vor der Geburt eines Kindes würde ich zwingende Beratungsangebote einführen, desgleichen, wenn sich ein Paar mit Kindern trennt.

Welches wäre Ihr wichtigster Tipp in familienrechtlichen Verfahren?

Aus Anwaltssicht sicherlich, darauf zu achten, nicht zu einer Eskalation des Verfahrens beizutragen.

Wie hat sich das Familienrecht in den vergangenen Jahren Ihrer Meinung nach verändert?

Es ist massiv komplizierter geworden: Unterhaltsberechnungen, Betreuungsmodelle, Patchwork-Konstellationen, internationale Sachverhalte und v.a.m.

Welches sind Ihrer Meinung nach die grössten Stärken und Schwächen im Schweizer Familienrecht?

Eine der grössten Schwächen ist es, dass das Familienrecht noch immer sehr statusorientiert ist und viel zu wenig auf Realbeziehungen abstellt. Eine Stärke sehe ich – insbesondere in der Region, in der ich praktiziere – in der Tatsache, dass sich Gerichte und Behörden Zeit nehmen, mit den Rechtssuchenden Lösungen zu finden und in der Möglichkeit, im Rahmen von familienrechtlichen Verfahren Handlungsinstrumente fernab von reinen zivilprozessualen Auseinandersetzungen anzubieten.

Welches ist Ihrer Meinung nach die grösste Herausforderung im Schweizer Familienrecht in den kommenden 10 Jahren?

Die Revision des Abstammungsrechts und die Auswirkungen der «grenzenlosen» Möglichkeiten der (Fortpflanzungs-)Medizin auf das Familienrecht werden uns sicher in den kommenden 10 Jahren beschäftigen bzw. weiter beschäftigen. Daneben ist zu hoffen, dass die höchstrichterliche Gerichtspraxis die gesellschaftlichen Realitäten und die Praktikabilität der rechtlichen Umsetzung nicht ganz aus den Augen verliert.

Lisa Eisenhut-Hug | legalis brief FamR 19.06.2023