Rosa Renftle – «Es ist immer hilfreich, wenn man weiss, was einem wirklich wichtig ist, und dafür auch bereit ist, Kompromisse einzugehen.»
Familienrecht

Rosa Renftle studierte Rechtswissenschaften an der Universität Fribourg und der Universität Oslo. Im Rahmen ihrer Ausbildung zur Anwältin arbeitete sie an einem Bezirksgericht im Kanton Fribourg, am Versicherungsgericht des Kantons Aargau sowie in einer Kanzlei in der Region Oberaargau. Seit dem Erhalt des bernischen Anwaltspatents ist sie Teil der Kanzlei Berger Rohrer Rechtsanwältinnen in Rheinfelden. Die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen im Familienrecht, dem Opferhilferecht und dem Sozialversicherungsrecht. Im Jahre 2021 erwarb sie den CAS in MedLaw der Universität Zürich. Ausserdem ist sie Mitglied des Redaktionsteams von legalis brief – Fachdienst Familienrecht. Seit 2024 ist sie Partnerin bei der Berger Rohrer Rechtsanwältinnen AG.
Welche Verbindung haben Sie zum Familienrecht?
Ich arbeite seit 2019 als Anwältin im Familienrecht.
Was sind Ihre alltäglichen Herausforderungen?
Es ist anspruchsvoll, eine Vielzahl an Fällen zu bearbeiten. Nicht immer wird man allen Klienten und Klientinnen gleich gerecht.
Gibt es Anekdoten aus Ihrer Tätigkeit?
Diskretion ist ein wichtiger Bestandteil des Berufs, weswegen ich nicht auf einzelne Fälle eingehen möchte. Meine Eltern haben sich in meiner Jugend scheiden lassen, wobei ich damals kaum etwas davon erfahren habe. Ich war sehr froh, als sie die Trennung endlich vollzogen haben. Das Zusammenleben war in den Jahren vor der Trennung schwierig.
Wenn Sie die Möglichkeit hätten, etwas am Familienrecht ändern zu können, was wäre das?
Ich würde eine allgemeine Beschleunigung der Verfahren anstreben. Meiner Meinung nach würden manche Konflikte weniger stark aufkochen, wenn die Parteien nach Einleitung des Verfahrens umgehend zu einer Verhandlung vorgeladen werden würden.
Welches wäre Ihr wichtigster Tipp in familienrechtlichen Verfahren?
Es ist immer hilfreich, wenn man weiss, was einem wirklich wichtig ist, und dafür auch bereit ist, Kompromisse einzugehen.
Wie hat sich das Familienrecht in den vergangenen Jahren Ihrer Meinung nach verändert?
Das Unterhaltsrecht hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert. Die Anforderungen an Frauen, nach der Trennung einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, sind angestiegen. Genauso wie in immer weniger Fällen ein nachehelicher Unterhalt gesprochen wird.
Welches sind Ihrer Meinung nach die grössten Stärken und Schwächen im Schweizer Familienrecht?
Im Vergleich zu anderen Ländern sind Behörden und Gerichte leicht für Laien zugänglich. Ein Laie kann ohne Weiteres eine Klage hängig machen oder etwa eine Gefährdungsmeldung. Auch wenn ich selbst als Anwältin tätig bin, begrüsse ich es, wenn nicht von vornherein eine Notwendigkeit für einen Anwalt besteht.
Als Schwäche sehe ich, dass jeder Kanton anders organisiert ist und die Koordination etwa zwischen der KESB und den Gerichten zum Teil mit Schwierigkeiten verbunden ist.
Welches ist Ihrer Meinung nach die grösste Herausforderung im Schweizer Familienrecht in den kommenden 10 Jahren?
Immer mehr Menschen benötigen die Unterstützung der KESB. Der Anteil an alten Menschen in der Bevölkerung steigt und auch immer mehr Eltern sind auf Unterstützung angewiesen. Auf diesen Bedarf muss man insbesondere finanziell reagieren.
Rosa Renftle | legalis brief FamR 29.10.2025