Barbara Vinck – «Stärke und Schwäche zugleich ist das Spannungsverhältnis zwischen Mieter- und Eigentümerschutz.»

Mietrecht, Schlichtungsbehörde

Nach ihrem Master an der Universität Zürich in Rechtswissenschaften und einem LL.M. am King’s College London, arbeitete Barbara Vinck zunächst als Substitutin bei Luks und Vogt Rechtsanwältinnen in Zürich. Heute ist sie Gerichtsschreiberin und Vorsitzende der Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtsachen am Bezirksgericht Dietikon.

Wann sind Sie das erste Mal mit dem Mietrecht in Kontakt gekommen?

Das erste Mal bin ich mit Mietrecht in Kontakt gekommen während meiner Tätigkeit als Substitutin von September 2019 bis Ende Oktober 2020 bei Luks und Vogt Rechtsanwältinnen. Intensiver damit befasst habe ich mich während meines Auditorats am Bezirksgericht Dietikon bzw. nunmehr als Vorsitzende der Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtsachen.

Was sind Ihre alltäglichen Herausforderungen?

Im Moment sind wir mit den zahlreichen Anfechtungen des Mietzinses aufgrund der Erhöhung des Referenzzinssatzes beschäftigt. Dies bedeutet nicht nur ein erhöhtes Verhandlungsvolumen sondern auch ein administrativer Mehraufwand. Auch die damit verbundene - aber im Mietrecht allgemein bestehende - Verunsicherung auf Mieter- und Vermieterseite stellt eine Herausforderung dar.

Gibt es Anekdoten aus Ihrer Tätigkeit im Bereich Mietrecht?

Mit mündlichen Vereinbarungen ist niemandem gedient. Selbst bei einem guten bzw. sogar freundschaftlichen Mietverhältnis sollten die wichtigsten Punkte schriftlich geregelt werden.

Wenn Sie die Möglichkeit hätten, etwas am Mietrecht/Mietsystem ändern zu können, was wäre das?

Das gegenseitige Verständnis und die Kompromissbereitschaft von Mieter- und Vermieterschaft zu verbessern.

Welches wäre Ihr wichtigster Tipp an die Vermieterinnen und Vermieter, welches an die Mieterinnen und Mieter?

Teilweise sind die Standpunkte bzw. Interessen der Mieter- und Vermieterschaft nicht so weit auseinander. Mit einem offenen und lösungsorientierten Gespräch zwischen Mieter- und Vermieterschaft kann oftmals schon viel erreicht werden. Eine gemeinsame Lösung führt sodann auch zu einer höheren Akzeptanz derselben.

Wie hat sich das Mietwesen in den vergangenen Jahren Ihrer Meinung nach verändert?

Da ich noch nicht allzu lange im Mietrecht tätig bin, kann ich diese Frage nicht abschliessend beantworten. Was sicherlich aufgrund der sehr aktuellen Thematik der Erhöhung des Referenzzinssatzes festgestellt werden kann, ist, dass die Mietzinsanfechtungen stark zugenommen haben.

Welches sind Ihrer Meinung nach die grössten Stärken und Schwächen im Schweizer Mietwesen?

Als Stärke und Schwäche zugleich sehe ich das Spannungsverhältnis zwischen Mieter- und Eigentümerschutz.

Was ist Ihrer Meinung nach die grösste Herausforderung im Schweizer Mietwesen in den kommenden 10 Jahren?

  • Das erhöhte Verhandlungsvolumen
  • Die gesellschaftlichen Auswirkungen von (unvorhersehbaren) aktuellen und vergangenen Ereignissen auf die Mieterinnen und Mieter/Vermieterinnen und Vermieter (Klimaziele / Krieg / Coronakrise)

Christoph Meyer | legalis brief MietR 28.07.2023