Jill Schlageter – «Mit dem Mietrecht bin ich seit klein auf in Kontakt gekommen.»

Geschäftsraum, Wohnraum

Nach ihrer Ausbildung zur eidgenössisch diplomierten Immobilientreuhänderin war Jill Schlageter zunächst als Portfoliomanagerin beim Kanton Zürich und danach als Bereichsleiterin Bewirtschaftung bei der CSL Immobilien AG tätig. Seit 2020 ist sie Mitglied der paritätischen Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtsachen beim Bezirksgericht Zürich, Prüfungsexpertin bei der Schweizerischen Fachprüfungskommission der Immobilienwirtschaft sowie Partnerin, Geschäftsführerin bei Beseder Immobilien GmbH.

Wann sind Sie das erste Mal mit dem Mietrecht in Kontakt gekommen?

Mit dem Mietrecht bin ich seit klein auf in Kontakt, da mein Vater ebenfalls als Immobilienbewirtschafter tätig war. Nebst den Besuchen an seinem Arbeitsplatz, wurde auch am Mittagstisch die eine oder andere Anekdote erzählt.

Was sind Ihre alltäglichen Herausforderungen?

Generell gesagt, den Bedürfnissen der verschiedenen Anspruchsgruppen gerecht zu werden. Zudem fordert der Alltag im Speziellen hohe Flexibilität und das Überangebot an Büro- und Gewerbeflächen (vor allem in peripheren Lagen) stellt eine grosse Herausforderung dar. Als weitere Herausforderung sehe ich das partnerschaftliche Miteinander von Mieter und Eigentümer.

Gibt es Anekdoten aus Ihrer Tätigkeit im Bereich Mietrecht?

In all den Jahren in der Immobilienbranche kamen eine Vielzahl an Anekdoten zusammen. Zudem habe ich das Glück noch als Beisitzerin bei der Schlichtungsbehörde Zürich tätig zu sein. Das Spektrum der zu verhandelnden Fälle ist sehr breit und teilweise durchaus unterhaltsam.

Wenn Sie die Möglichkeit hätten, etwas am Mietrecht/Mietsystem ändern zu können, was wäre das?

Die Vereinheitlichung von gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen – Stichwort Föderalismus – würden bei mir zuoberst auf der Liste stehen.

Welches wäre Ihr wichtigster Tipp an die Vermieter, welches an die Mieter?

Es ist wichtig, dass die Parteien bei Problemen oder Unstimmigkeiten aufeinander zugehen, Verständnis für die Haltung der anderen Partei haben und kompromissbereit sind, wenn es die Grundlagen hergeben.

Wie hat sich das Mietwesen in den vergangenen Jahren Ihrer Meinung nach verändert?

Themen rund um Immobilien sind fast stetig in den Medien. Dies wirkt sich sowohl auf den täglichen Kontakt mit den Mietern als auch auf den mit den Eigentümern aus. Es scheint wichtig, dass das gegenseitige Verständnis auf beiden Seiten vorhanden ist und bleibt und nicht nur Meinungsmache betrieben wird.

In dem von uns betreuten Portfolio (Büro- und Gewerbeimmobilien) haben sich insbesondere die feste Vertragslaufzeit, Incentives, vermieterseitige Investitionen in Ausbau und die längeren Vertragsverhandlungen geändert.

Zudem kommt es generell, durch die teilweise geänderte Rechtsprechung im Mietrecht, zu grösseren Anpassungen/Veränderungen im Mietwesen.

Welches sind Ihrer Meinung nach die grössten Stärken und Schwächen im Schweizer Mietwesen?

Wie so oft im Leben sind auch hier die Schwächen gleichzeitig die grössten Stärken.

Welches ist Ihrer Meinung nach die grösste Herausforderung im Schweizer Mietwesen in den kommenden 10 Jahren?

  • Einbindung von künstlicher Intelligenz in der Arbeitsweise
  • Überangebot von Büro- und Gewerbeflächen – weitere Verschärfung durch Veränderung in den Arbeitswelten
  • Klimaziele und die Auswirkungen auf Mieter / Vermieter / Lebensstandard
  • Spannungsfeld der Weltgeschehnisse (Krieg / Energiekriese / Politik)

Christoph Meyer | legalis brief MietR 02.05.2023